Unwetter:Hochwasser-Lage bleibt angespannt, Oldenburg bereitet mögliche Evakuierung vor

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Einsatzkräfte der Feuerwehr in Niedersachsen auf der Zufahrt zum Serengeti-Park. (Foto: Philipp Schulze/dpa)

Vereinzelt gehen die Wasserstände in Niedersachsen etwas zurück. Das THW stellt sich auf einen Einsatz bis in die erste Januarwoche ein. In Sachsen-Anhalt stellt ein Landkreis den Katastrophenfall fest.

Kurzes Aufatmen für die Helfer in den Hochwassergebieten von Niedersachsen: Zumindest für den Samstag vor Silvester erwartet der Deutsche Wetterdienst keinen neuen Regen. An Silvester und Neujahr gibt es allerdings wieder einige Schauer. Dabei kommen jedoch nur geringe Mengen von ein bis fünf Liter pro Quadratmeter zusammen, die nicht zu einem Anstieg der Pegel führen werden, so ein DWD-Meteorologe. Erst von Dienstag an erwarte man wieder mehr Regen.

Dennoch bleibt die Lage in Deutschlands Hochwassergebieten kritisch. Betroffen ist neben Niedersachsen der Süden Sachsen-Anhalts an der Grenze zu Thüringen. Dort hat der Landkreis Mansfeld-Südharz wegen des Hochwassers den Katastrophenfall festgestellt.

In Niedersachsen sind Zehntausende Helfer seit Tagen im Dauereinsatz. An zahlreichen Orten hat das Hochwasser bisher nicht erreichte Pegelstände gebracht. An der Weser etwa überschritt der Wasserstand am Samstagmorgen bei Drakenburg mit 835 Zentimetern den bisherigen Höchstwert aus dem Jahr 1981 um einen Zentimeter, wie die zuständige Behörde mitteilte. Während sich die Lage im Südosten des Bundeslandes teilweise entspannt hat, ist die Situation im Raum Oldenburg sowie in den Landkreisen Celle, Vechta und Osterholz nach wie vor kritisch. Mancherorts kommen am Samstag auch Meldungen, die darauf schließen lassen, dass Feuerwehren und Wasserwachten das Hochwasser einigermaßen im Griff haben.

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So heißt es aus dem Serengeti-Park in Hodenhagen, der nahe der Autobahn ungefähr auf halber Strecke zwischen den Städten Bremen und Hannover liegt, dass der Wasserstand dort etwas gesunken sei. Mit Pumpen sei es gelungen, große Mengen an Wasser hinter den Deich in das Flüsschen Meiße zu drücken, sagte eine Sprecherin des Freizeitparks. Auch in dem Haus, in dem die Antilopen und Giraffen untergebracht sind, sei das Wasser merklich gesunken. Nun könne man dort einen Generator aufstellen und das Gebäude mit Strom versorgen und beheizen. Noch am Freitag hatten Mitarbeiter des Parks einen Notfallevakuierungsplan vorbereitet, der vorsah, dass die Tiere narkotisiert aus dem Haus transportiert werden sollten. Weite Teile des Parks, in dem Löwen, Nashörner, Tiger und Elefanten leben, stehen noch immer unter Wasser und sind nicht zu erreichen.

Im Landkreis Celle hat sich die Hochwasserlage im Vergleich zu Freitag etwas entspannt. Die Pegelstände seien leicht gesunken, hieß es von den Behörden am Samstagvormittag. Weiterhin bestehe aber die höchste Meldestufe, sodass noch immer größere Überschwemmungen drohen. Zahlreiche Straßen in der Region seien weiterhin gesperrt. "Wir müssen weiter wachsam bleiben und die Lage genau verfolgen", sagte Landrat Axel Flader (CDU).

In Lilienthal nahe Bremen können etwa 500 Menschen weiterhin nicht in ihre Häuser. Die Evakuierungen dauerten an, sagte eine Gemeindesprecherin. Die Pegelstände hätten sich in der Nacht kaum verändert und die Lage bleibe angespannt, sagte die Sprecherin.

In Meppen im Emsland sind die Pegelstände minimal gesunken, wie es am Samstagmorgen in einer Mitteilung der Stadt hieß. Mehrere Menschen mussten im Stadtgebiet aus Autos und Häusern gerettet werden. Zudem wurde ein Campingplatz evakuiert und die Bewohnerinnen und Bewohner eines Seniorenheims in Sicherheit gebracht.

In der Stadt Oldenburg wird eine mögliche Evakuierung vorbereitet. Die Deiche seien unverändert einem hohen Druck ausgesetzt, teilte die Stadt am Samstag mit. Pegelstände würden höchstens marginal sinken. Bisher seien die Deiche allerdings trocken und stabil. Dort unterstützt die Bundespolizei die Deichsicherung.

In Hatten in der Nähe von Oldenburg ist die Bundespolizei mit einem Hubschrauber im Hilfseinsatz. Der Helikopter vom Typ Super Puma bringt besonders große Sandsäcke zu Deichen, um diese zu sichern. Am Freitag seien so 13 Tonnen Sand transportiert worden, sagte ein Sprecher der Bundespolizei.

Katastrophentouristen bereiten Probleme

Die Landesregierung in Hannover sieht sich in der - vielerorts noch immer kritischen - Hochwasserlage gut aufgestellt mit Rettungskräften. Man gehe davon aus, dass man die Lage auch über Silvester mit eigenen Kräften bewältigen könne, sagte ein Sprecher des Innenministeriums. Das Technische Hilfswerk stellt sich auf einen Einsatz in den Hochwassergebieten bis in die erste Januarwoche hinein ein. "Es ist ganz klar, dass das über den Jahreswechsel andauern wird", sagte THW-Präsidentin Sabine Lackner.

Vielerorts, so beklagen die Rettungskräfte, stören jedoch Schaulustige und der durch sie ausgelöste Verkehr die Arbeiten. So appellierte die Stadt Celle an Menschen, sämtliche Sperrungen ernstzunehmen und nur in die Stadt zu reisen, wenn es unbedingt notwendig sei. Auch die Feuerwehr Verden berichtete von störenden Katastrophentouristen.

Regen lässt Pegelstände in Sachsen-Anhalt ansteigen

Hochwasser in Dessau, Sachsen-Anhalt. (Foto: Andreas Friedrichs/Imago)

Verschärft hat sich die Situation in Sachsen-Anhalt. Durch schauerartige Regenfälle in der Nacht zu Samstag, die stärker als prognostiziert ausgefallen sind, sind einige Flüsse erneut angestiegen. Weil die Böden bereits gesättigt seien, habe dies in einigen Bereichen zu ansteigenden Wasserständen geführt, so der Landesbetrieb für Hochwasserschutz. An der Dumme in der Altmark sowie an Jeetze und Aland steigen die Pegel.

Der Landkreis Mansfeld-Südharz stellte den Katastrophenfall fest. Die Entscheidung sei durch die lange Dauer der Abwehrmaßnahmen gegen die Hochwasserlage begründet, teilte Landrat André Schröder am Samstag mit. Im Süden des Bundeslandes muss an der Talsperre Kelbra seit Tagen kontrolliert Wasser abgelassen werden, was den Fluss Helme ansteigen lässt. Am Samstag lag der Pegelstand im Ort Bennungen knapp einen halben Meter über dem Richtwert von zwei Metern für die höchste Alarmstufe. Die Lage dort werde immer kritischer, sagte der Bürgermeister der Gemeinde Südharz, Peter Koh.

Derweil geht das Hochwasser der Elbe in Sachsen zurück. Am Pegel Dresden, wo am Freitag noch 5,92 Meter gemessen wurden, betrug der Wasserstand am Samstagmorgen 5,30 Meter. Normal sind rund zwei Meter. An der Elbe in Dresden, in Schöna an der tschechischen Grenze sowie flussabwärts in Riesa gilt noch Alarmstufe 2. Für die übrigen Flussgebiete in Sachsen gibt es keine Hochwasserwarnungen mehr.

In etlichen Regionen von Brandenburg hat sich die Hochwasserlage beruhigt. In Wittenberge ist der Wasserstand der Elbe jedoch in den vergangenen Stunden weiter gestiegen, er stand am Samstagmorgen bei 5,46 Meter, damit gilt Alarmstufe zwei von vier. An den Lausitzer Flüssen wie Neiße und Schwarze Elster gab es bereits am Freitag Entwarnung, weil sich die Lage entspannte. Die Spree bleibe dagegen unter Beobachtung, hieß es zuletzt.

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