Die Zahl der Todesopfer nach den verheerenden Busch- und Waldbränden auf der Insel Maui im US-Bundesstaat Hawaii ist laut Behördenangaben auf mindestens 80 gestiegen. Die Suche nach Überlebenden gehe weiter, und zahlreiche Menschen werden noch vermisst. In Lahaina, einer ehemaligen Walfänger-Stadt und heutigem Tourismus-Magneten im Nordwesten, durchkämmten Suchtrupps mit Leichenspürhunden die Ruinen. "Wir gehen leider davon aus, dass die Zahl der Todesopfer erheblich steigen wird", sagte US-Senator Brian Schatz aus Hawaii dem Sender MSNBC.
Ein Brandherd nahe einer Tankstation in Kaanapali sei am Abend zu 100 Prozent eingedämmt worden, verkündete die Regierung des Bezirks Maui. Hunderte Fahrzeuge hätten dort für Treibstoff angestanden. Wegen des Waldbrandes in der bei Touristen beliebten Strandgegend im Westen der Insel waren erneut Evakuierungen angeordnet worden.
Auf Maui und der Nachbarinsel Big Island waren am Dienstag mehrere Feuer ausgebrochen, die von starken Winden mit Geschwindigkeiten bis zu 130 Kilometern pro Stunde schnell außer Kontrolle gerieten. Hawaiis Gouverneur Josh Green sagte, bisher seien vor allem Opfer identifiziert worden, die zum Zeitpunkt ihres Todes aus ihren Häusern geflüchtet waren. Mehrere US-Medien berichteten, dass die Rettungstrupps erst nach und nach in das Innere von zerstörten Gebäuden vordringen können. Die Winde von Anfang der Woche flauten jedoch ab.
Evakuierungen waren wegen schnell ausbreitender Brände "unmöglich"
Green sagte laut CNN, dass er eine Untersuchung zu der anfangs schleppenden Reaktion der Behörden angeordnet habe. Unter anderem hatte es Kritik gegeben, weil auf Maui zu Beginn keine Warnsirenen zum Einsatz gekommen waren. Die Menschen in Lahaina waren von dem Feuer überrascht worden. Einwohner begannen Evakuierungen auf eigene Faust, Touristen wurden aufgefordert, sich selbst in Sicherheit zu bringen. Die Bezirksregierung veröffentlichte Evakuierungsanweisungen auf Facebook, während sich das Feuer in der Stadt ausbreitete. Augenzeugen berichteten, sie hätten kaum etwas davon mitbekommen.
Mehrere Menschen konnten sich nur noch durch einen Sprung in den Pazifischen Ozean retten. Die Räumung wurde durch die Lage Lahainas an der Küste und der Existenz von nur zwei Ausfallstraßen erschwert. "Dies ist das Alptraumszenario", sagte der Spezialist für Klima und Gemeinden am Urban Institute in Washington, Andrew Rumbach. "Ein sich schnell ausbreitendes Feuer in einem dicht besiedelten Ort mit schwieriger Kommunikation und nicht vielen guten Möglichkeiten für eine Evakuierung." Feuerwehr-Chef Bradford Ventura sagte bei einer Pressekonferenz, dass sich die Brände überraschend schnell ausgebreitet hätten und es zuvor "nahezu unmöglich" gewesen sei, schnell genug Evakuierungen anzuordnen.
Etwa 2200 Gebäude auf Maui sind zerstört
In Lahaina konnten am Freitag erste Bewohner in ihr Zuhause zurück. Gouverneur Green warnte aber vor dem Zustand der Häuser. "Sie werden einen Grad an Zerstörung sehen wie nie zuvor in ihrem Leben", sagte der Gouverneur beim Fernsehsender KHON2.
Laut aktualisierten Zahlen des Pacific Desaster Center und der US-Katastrophenschutzbehörde FEMA sind in dem Bezirk rund 2200 Gebäude durch das Feuer beschädigt oder zerstört worden. Erste Schätzungen gehen von rund 5,5 Milliarden Dollar (5,0 Milliarden Euro) für den Wiederaufbau dort aus. Für viele Bewohner der Insel war am Freitag die Stromversorgung wiederhergestellt worden. Waren am Morgen laut der Webseite poweroutage.us noch etwa 11 000 Haushalte ohne Strom, so hatte sich diese Zahl bis zum Abend auf etwa 4500 reduziert.
Maui hat eine Fläche von rund 1900 Quadratkilometern, etwas mehr als zwei Drittel der Größe des Saarlands. In Lahaina leben knapp 13 000 Menschen. Die Stadt wird laut Angaben ihres Einzelhandelsverbands jährlich von rund zwei Millionen Touristen besucht.