Havarie der "Sewol":Ruder war womöglich defekt

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Taucher vor der Insel Jindo suchen offiziell weiter nach Überlebenden des Fährunglücks. (Foto: REUTERS)

War ein technischer Defekt schuld an der Havarie der "Sewol"? Löste ein kaputtes Ruder das Fähruglück vor Südkorea aus? Nach einer Woche gehen die Ermittler vor allem einer Theorie nach.

Vor einer Woche ist die Fähre Sewol mit 476 Menschen an Bord vor Südkoreas Küste gesunken, und noch immer gibt es lediglich vage Hinweise auf eine mögliche Ursache für das Unglück. Die Ermittler gehen im Moment der Theorie nach, dass es Probleme mit der Steuerung gegeben hat. Eine abrupte Kursänderung könnte dazu geführt haben, dass die Ladung verrutschte und das Schiff in Schieflage geriet.

Zudem kursieren Berichte über frühere technische Probleme. Südkoreas Fernsehsender Arirang berichtete, dass die Besatzung der Fähre zwei Wochen vor dem Unglück ein Problem an der Ruderanlage festgestellt und eine Reparatur beantragt hatte. Das Steuerungssystem habe "kein Strom" gemeldet, berichtete der staatliche Sender. Der Defekt sei offenbar nicht behoben, die Fähre allerdings auch nicht aus dem Verkehr gezogen worden. Die Werft, die das Schiff sonst repariert hatte, gab an, in jüngster Zeit keine Arbeiten am Ruder vorgenommen zu haben.

An der Unglücksstelle sind weiterhin Taucher im Einsatz - offiziell auch, um nach Überlebenden zu suchen. Doch eine Woche nach der Havarie der Sewol gibt es dafür kaum noch Hoffnung. Bisher wurden 169 Menschen tot geborgen, fast 140 gelten noch als vermisst, darunter viele Schulkinder.

Wegen der günstigen Strömungsbedingungen am letzten Tag der Nippzeit, einem viertägigen Zeitraum mit besonders niedrigem Tidenhub, wird am Donnerstag die bislang größte Zahl von Tauchern und Bergungskräften eingesetzt, wie südkoreanische Medien berichteten. Die Wetterbedingungen vor der Südwestküste sollen sich zum Wochenende hin zudem verschlechtern. Die Suche konzentriert sich auf das dritte und vierte Deck des Schiffes, wo die besonders viele Opfer vermutet werden.

Ermittlungen gegen Crew und Betreiber

Die Ermittlungen konzentrieren sich neben der Unglücksursache auch auf die Reaktion der Besatzung und die späte Evakuierung, die als einer der Gründe für die hohe Opferzahl gilt. Nur 174 der 476 Menschen an Bord hatten am 16. April gerettet werden können. 20 der 29 Crewmitglieder wurden festgenommen, darunter der 68-jährige Kapitän. Gegen die meisten könnte Anklage wegen Vernachlässigung ihrer Pflichten erhoben werden. Sieben Crewmitglieder saßen im ersten Rettungsboot. Ermittler prüften, ob der Kapitän wegen "Totschlags durch Unterlassen" angeklagt werden könne, hieß es.

Die Ermittler nehmen sich auch den Betreiber der Unglücksfähre vor. Zahlreiche Büros der Reederei Chonghaejin Marine wurden durchsucht. Gegen den Eigentümer Yoo Byung Eun und das Management wird unter anderem wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung und Untreue ermittelt. Die Ermittler wollen Vermögenswerten nachspüren, damit später Schadenersatz an die Familien der Opfer gezahlt werden kann. Es ist die größte Schiffskatastrophe in Südkorea seit mehr als 20 Jahren.

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