Havarie der Costa Concordia:Unglückskapitän Schettino erscheint zur Beweisaufnahme

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Die Aufarbeitung des Schiffsunglücks der Costa Concordia wird nach langer Pause fortgesetzt. Neun Monate nach der Havarie des Schiffs stellt sich Ex-Kapitän Francesco Schettino bei der Beweisaufnahme erstmals den Hinterbliebenen, bei denen er sich entschuldigte. Bis zum Start des Prozesses dürfte aber noch viel Zeit vergehen.

Nach monatelanger Pause kommt die juristische Aufarbeitung der Havarie des Kreuzfahrtschiffes "Costa Concordia" voran. Unglückskapitän Francesco Schettino erschien am Montag zum sogenannten Beweissicherungstermin in Grosseto. Es geht in Grosseto um die Auswertung der Blackbox, auf der Daten und die Kommunikation von der Brücke des Kreuzfahrtschiffes gespeichert wurden, sowie um die Ergebnisse eines umfangreichen Gutachtens.

Während der Anhörung hat Schettino die Überlebenden des Unglücks um Entschuldigung gebeten. Der Kapitän habe ihnen die Hand geschüttelt und gesagt, es tue ihm leid, berichteten zwei Deutsche, die an Bord des Schiffes waren. Schettino habe entspannt gewirkt und sich häufig mit seinen Rechtsberatern ausgetauscht, sagte ein Anwalt.

Mit der mehrtägigen Anhörung wird der Prozess zu dem Unglück vor der toskanischen Insel Giglio mit 32 Toten vorbereitet. Die Beweisaufnahme findet in einem Theater hinter verschlossenen Türen statt. Die Straßen rund um das Gebäude waren aus Sicherheitsgründen abgeriegelt. Insgesamt strömten Hunderte von Anwälten, Gutachtern und Vertretern von Zivilklägern zu dem Termin zusammen. Schettino war dabei erstmals seit der Unglücksnacht vor neun Monaten mit Passagieren konfrontiert. Er kam durch einen Nebeneingang in das Theater.

Die Anhörung sollte bereits im Juli stattfinden und war vertagt worden. Die vier bestellten Fachleute brauchten weit mehr Zeit, als anfangs erwartet, um die Daten der Blackbox zu analysieren. Außerdem mussten sie Dutzende von Fragen der Ermittler beantworten. Schettinos Anwalt Bruno Leporatti lenkte in der Sitzung am Montag das Augenmerk auf einen indonesischen Steuermann, der Anweisungen des Kapitäns während der kritischen Manöver vor neun Monaten nicht verstanden haben soll.

Auch ein Gutachten, um das es jetzt in der Anhörung geht, spricht von Verständigungsproblemen auf der Brücke und von Verstößen gegen Sicherheitsnormen auf dem Schiff. Es wurde in Teilen schon vorab bekannt und listet auch Leichtsinn und eine ungenügend vorbereitete Schiffsmannschaft als Mängel auf. Dafür wäre auch die Reederei verantwortlich.

Schettino und die Reederei haben sich wiederholt gegenseitig die Verantwortung zugeschoben. Der 52-Jährige hatte kürzlich angekündigt, gegen seine Entlassung aus dem Job im Juli gerichtlich vorzugehen. Er habe das leckgeschlagene Schiff noch in flacheres Wasser gesteuert und so sogar Leben gerettet. Die Ermittler beschuldigen ihn jedoch schwer. Dem Ex-Kapitän werden unter anderem mehrfache fahrlässige Tötung, Havarie und Verlassen des Kreuzfahrtschiffes während der nächtlichen Evakuierung vorgeworfen.

Die "Costa Concordia" war Mitte Januar zu nahe an die Insel Giglio herangefahren, hatte einen Felsen gestreift und war gekentert. Unter den 32 Toten des Unfalls waren auch zwölf Deutsche. Noch immer sind zwei Leichen nicht geborgen. Mit einem Prozess gegen Schettino und andere führende Mitglieder der Besatzung und der Reederei Costa Crociere ist frühestens im kommenden Jahr zu rechnen.

Wrack der "Costa Concordia"
:Retter tauchen in bizarrer Kulisse

Den Tauchern im Wrack der havarierten "Costa Concordia" bietet sich eine bizarre Kulisse. Überall schwimmen Tische und Stühle umher, auf der Suche nach weiteren Vermissten müssen sie sich ihren gefährlichen Weg durch die Decks bahnen.

Die Anhörung in Grosseto dient dagegen bislang nur der Beweissicherung und dürfte mindestens bis zu diesem Mittwoch dauern, vielleicht aber auch noch mehrere Tage länger.

© Süddeutsche.de/dapd/dpa/mahu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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