Hauseinsturz in Bangladesch:Hoffnungen der Helfer schwinden

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An der Unglücksstelle im Norden Dhakas wird jetzt schweres Gerät eingesetzt, die Armee hat die Einsatzleitung übernommen. (Foto: dpa)

Für viele in Bangladesch war sie ein Zeichen der Hoffnung. Nun ist mit Sakhina Begum die wohl letzte noch lebende Verschüttete des Gebäudeeinsturzes von Savar gestorben. Doch auch am fünften Tag nach dem Unglück geht die Suche nach Überlebenden weiter.

Bangladesch verfolgte den Überlebenskampf von Sakhina Begum im Fernsehen. Dass sie lebend geortet werden konnte, 100 Stunden, nachdem der Gebäudekomplex in Savar im Norden der Hauptstadt Dhaka in sich zusammengebrochen war, galt vielen als ein Wunder. Die Privatsender berichteten live von den Rettungsversuchen. "Wir können ihre Laute hören", sagt ein Feuerwehrmann am Sonntag. "Als wir zu ihr vordrangen, flehte sie, wir sollten sie nicht im Stich lassen." Doch dann bricht ein Feuer in der Ruine aus. Die Helfer müssen die Frau aufgeben.

Begum galt als letzte Überlebende des Unglücks - mit ihrem Tod ist die Zahl der bestätigten Toten laut der Nachrichtenagentur AFP auf 379 gestiegen. "Wir haben diesen Kampf verloren, das bricht uns allen das Herz", sagt ein Feuerwehrmann. "Sie war eine tapfere Dame, die bis zum Schluss gekämpft hat."

Am fünften Tag nach dem Unglück schwinden die Hoffnungen, weitere Überlebende unter den Überresten des Gebäudes zu finden. "Wir glauben, dass diese Frau die letzte Überlebende war", sagt der Feuerwehrmann. Dennoch geht die Suche an diesem Montag weiter. Wie die englischsprachige Zeitung The Daily Star berichtet, setzen die Helfer schweres Gerät ein, um große Betonteile von der Unglücksstelle zu entfernen. Zahlreiche Angehörige möglicher Verschütteter sind noch immer dort versammelt und hoffen auf Nachricht.

2400 Menschen aus Trümmern gerettet

Dem Daily Star zufolge konnten Rettungskräfte und freiwillige Helfer bislang gut 2400 Menschen aus den Trümmern retten. In dem Gebäude, das am Mittwochabend eingestürzt war, arbeiteten überwiegend Näherinnen in Werkstätten, die unter anderem die irische Textilkette Primark belieferten.

Die Nachricht von der Festnahme des Besitzers des Fabrikgebäudes, Sohel Rana, löste in der Menge am Sonntag wütende Schreie aus: "Hängt Rana, hängt den Mörder", riefen die Menschen. Amtlichen Angaben zufolge wollte der Mann sich gerade nach Indien absetzen, als er in Benapole an der indisch-bangladeschischen Grenze gefasst wurde und im Hubschrauber zurück in die Hauptstadt Dhaka gebracht wurde. Rana ist Mitglied der Regierungspartei in Bangladesch.

Bereits am Samstag waren drei Chefs der im Gebäude ansässigen Textilfabriken unter dem Vorwurf der fahrlässigen Tötung festgenommen worden. Zudem wurden zwei Ingenieure in Gewahrsam genommen, die das eingestürzte Gebäude überprüft hatten.

Das Unglück löste Proteste gegen die miserablen Arbeitsbedingungen in der Branche aus, viele der 4500 Textilfabriken des Landes wurden vorübergehend geschlossen, die Fabrikbesitzer erklärten Samstag und Sonntag zu freien Tagen.

Im Westen wird seither erneut über Billigarbeit im Namen großer Ketten diskutiert. Beobachter werten das Unglück als Alarmsignal einer Industrie, deren Boom Verantwortliche alle ethischen Grenzen vergessen lässt.

© Süddeutsche.de/dpa/AFP/leja - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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