Hamburg:Sünde von nebenan

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Darf käuflicher Sex in der Nähe betender Gläubiger angeboten werden? (Foto: imago)

Bordelle gibt es in Hamburg zwar mehrere - nun allerdings auch eines gegenüber der einzigen Moschee der Stadt. Über einen kuriosen Nachbarschaftsstreit.

Von Peter Burghardt, Hamburg

Prostitution an sich ist im Großraum Hamburg nicht so exotisch, mitten in der Hansestadt liegt das berühmteste Rotlichtviertel mindestens Deutschlands. An der Straße mit dem eigentlich beruhigenden Namen Friedenstraße in Pinneberg, gut 20 Kilometer nordwestlich von der Reeperbahn, gibt es nun allerdings ein Problem: Gegenüber der einzigen Moschee der Stadt steht ein Bordell.

Beide Häuser sind zweistöckig und gelblich gestrichen, haben aber ziemlich unterschiedliche Funktionen. In dem einen Gebäudekomplex beten hinter einer Fassade mit deutscher und türkischer Fahne Muslime - unter dem Flachdach auf der anderen Seite bieten Frauen in Wohnungen bezahlten Sex an, was den Nachbarn sehr missfällt. So etwas könne er sich auch vor einer christlichen Kirche nicht vorstellen, klagte Şeref Çiftçi von der türkisch-islamischen Gemeinde dem Hamburger Abendblatt und zog eine Unterschriftenaktion in Betracht. Çiftçi, der offenbar wegen Hassmails inzwischen nicht mehr darüber sprechen will, erzählte von nackten Brüsten oder gänzlich unbekleideten Körpern an den Fenstern. Auf St. Pauli möge das normal sein, aber man lebe in einer Kleinstadt. Çiftçi verwies darauf, dass sein Gebetshaus auch 170 Jugendliche betreue.

Pinneberg zählt ungefähr 45 000 Einwohner, und der Stadtsprecher Marc Trampe weist darauf hin, dass "solche Angebote" in so einer Stadt nicht ungewöhnlich seien. Pinneberg hat wie viele Städte mehrere Bordelle zu bieten, obwohl das von außen nicht immer gleich ersichtlich ist. Man dürfe sich das nicht wie die Herbertstraße in Hamburg vorstellen, so Trampe; da ist es sehr ersichtlich. Letztlich könne die Stadtverwaltung juristisch nichts tun, sofern keine Tatbestände wie Zwangsprostitution oder baurechtliche Verstöße vorliegen. In diesem Fall sind die wechselnden Gastgeberinnen anscheinend gewerblich angemeldet und im Netz unter Namen wie "Elly" zu finden. Die Polizei soll nach dem Rechten gesehen haben.

Die Umstände ändern sich, wenn im Juli 2017 das Prostitutionsschutzgesetz in Kraft tritt. Dann besteht anders als heute für solche Einrichtungen Genehmigungspflicht. Schon jetzt bekommt die muslimische Gemeinde Zuspruch auch von anderen Religionsgemeinschaften - und am Mittwoch Besuch: Pinnebergs Bürgermeisterin Urte Steinberg will zwischen Moschee und Bordell vermitteln.

© SZ vom 10.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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