Der Rafeiro do Alentejo gilt als derber, ruhiger Wach- und Hütehund. Der Fédération Cynologique Internationale (FCI) zufolge ist "sein ganzes Gebäude eher lang als breit". Gemeint ist seine Statur, nicht seine Hundehütte. Die portugiesischen Herdenschutzhunde werden bis zu 60 Kilo schwer und durchschnittlich zwölf bis 14 Jahre alt. Als gültige Farben nennt die FCI schwarz, wolfsgrau, falbfarben oder gelb, jeweils mit weißen Flecken.
Bobi war ein eher untypischer Rafeiro do Alentejo. Er sah aus wie ein Labrador-Mischling: eher breit als lang, schokobraunes Fell mit weißen Flecken. Anstatt Schafe in den Bergen zu hüten, chillte Bobi bei der Familie Costa in Conqueiros, einem Dorf in Portugal. Er wurde mit Essensresten gefüttert, hatte keinen anstrengenden Job und war laut seinem Herrchen Leonel Costa "sehr gesellig". Ein Lebenswandel, der dem Haustier äußerst gut bekam, wie es scheint: Als Bobi vergangene Woche starb, war er angeblich mehr als 31 Jahre alt - laut Guinnessbuch der Rekorde der älteste Hund der Welt. Aber stimmt das wirklich?
Nach ein paar Tagen pietätvoller Trauer werden nun Zweifel an der Geschichte vom portugiesischen Hunde-Methusalem laut. Zwar wurde das Geburtsdatum von Bobi, der 11. Mai 1992, beim veterinärmedizinischen Dienst der Stadt Leiria registriert und in eine nationale Haustierdatenbank übernommen, aber die Daten beruhen auf der Selbstauskunft seines Herrchens und wurden nicht überprüft. Leonel Costas Version der Geschichte geht so: Er war acht Jahre alt, als er in einem Schuppen in der Nachbarschaft vier Welpen fand. Sein Vater, ein Jäger, beschloss, die neu geborenen Alentejos zu töten. Leonel gelang es, einen zu retten und vor den Eltern zu verstecken. Der eigentlich zum Tode verurteilte Hund verbrachte dann über drei Jahrzehnte lang ein glückliches Leben, wurde nie angeleint und blieb weitgehend gesund, so erzählte es Leonel Costa den Inspektoren von Guinness World Records - "es ist ein Wunder".
"Nicht ein einziger meiner tierärztlichen Kollegen glaubt, dass Bobi tatsächlich 31 Jahre alt war."
An der Story vom uralten Hund erscheint bei genauerer Betrachtung allerdings so einiges als wunderlich. Auf Fotos aus dem Jahr 2022, die Guinness World Records veröffentlichte, sieht Bobi erstaunlich flauschig aus für sein Alter. Er hat kaum graue Haare rund um die Schnauze, sein Fell ist bis auf die weißen Flecken an Bauch und Brust schokobraun, auch die Pfoten sind dunkel. Auf Fotos aus dem Jahr 1999 dagegen hat Bobi vier weiße Pfoten, um die Augen und die Nase sind die Haare weiß, außerdem wirkt er gedrungener. Haben die Costas dem Tier die Haare gefärbt? Oder wurde Bobi 1 heimlich in Bobi 2 umgetauscht?
Auch aus wissenschaftlicher Sicht ist das biblische Alter von Bobi zweifelhaft. Eine Studie des Royal Veterinary College in London erfasste die Daten von mehr als 30 000 Hunden verschiedener Rassen und Kreuzungen, dabei kam heraus, dass Jack Russell Terrier (12,7 Jahre) und Border Collies (12,1 Jahre) zu den durchschnittlich langlebigsten Hunden zählen, während kurzschnauzige Qualzuchten wie der Mops oft schon mit vier oder fünf sterben. Verbesserte medizinische Versorgung und hochwertiges Futter führten zwar dazu, dass Hunde immer älter werden, aber 31 Jahre halten Experten für fast unglaublich. Danny Chambers, Ratsmitglied des Royal Veterinary College, sagte dem Guardian: "Nicht ein einziger meiner tierärztlichen Kollegen glaubt, dass Bobi tatsächlich 31 Jahre alt war." Das sei so, als würde ein Mensch mehr als 200 Jahre alt werden, also völlig unrealistisch.
Ist das Guinnessbuch der Rekorde völlig auf den Hund gekommen und hat sich von Familie Costa an der Nase herumführen lassen? Es wäre jedenfalls nicht das erste Mal, dass Haustiere von ähnlich aussehenden Nachfolgern abgelöst wurden, die dann auch noch gleich heißen. Laut Bobis Besitzern ist der Hund wirklich 31 geworden, Grund dafür sei eine Kombination aus guter Behandlung und guten Genen. Bobis Mutter Gira wurde 18 Jahre alt, ein anderer Hund der Familie starb im Alter von 22 Jahren. Das Guinnessbuch der Rekorde hat trotzdem angekündigt zu schauen, wo der Hund begraben liegt.