Großbritannien:Untersuchungsauschuss zu bizarrem Tod eines Geheimagenten

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Seine Leiche war in eine Sporttasche gepfercht: Im August 2010 wurde Gareth Williams tot in seiner Londoner Wohnung aufgefunden. Woran der Mitarbeiter des Auslandsgeheimdienstes MI6 starb, konnte nie geklärt werden. Jetzt wird der mysteriöse Fall erneut untersucht - in London erhebt die Schwester des Toten Vorwürfe gegen den Arbeitgeber ihres Bruder.

War es der perfekte Mord? Und welche Rolle spielte dabei das Arbeitsumfeld von Gareth Williams? Über diese Fragen rätselt derzeit ganz Großbritannien. Dabei hat sich das vermeintliche Verbrechen an dem Geheimagenten bereits vor mehr als anderthalb Jahres zugetragen: Im August 2010 wurde der Mitarbeiter des Auslandsgeheimdienstes MI6 tot in seiner Londoner Wohnung gefunden - kauernd in einer verschlossenen Reisetasche. Über die Umstände seines Todes tappen die Ermittler völlig im Dunkeln.

Ceri Subbe (im Bild mit ihrem Ehemann) hat am Montag vor einem Untersuchungsausschuss in London den Arbeitgeber ihres verstorbenen Bruders, den britischen Auslandsgeheimdienst MI6, kritisiert. (Foto: REUTERS)

Am Montag startete nun auf Druck der Eltern des damals 31 Jahre alten Mannes vor einer Kommission in London eine unabhängige Untersuchung des mysteriösen Falles. Richterin Fiona Wilcox versprach eine umfassende und neutrale Untersuchung.

Die Tasche mit der nackten Leiche des Experten für Geheimschriften und Codes war im Badezimmer der Wohnung entdeckt worden. Sie war mit einem Vorhängeschloss gesichert. Die Ermittler konnten die Todesursache nicht klären: Die Leiche wies weder Schuss- noch Stichwunden oder Würgemale auf, auch eine Vergiftung konnten Gerichtsmediziner nicht nachweisen.

Ein tragischer Sex-Unfall?

Weil in der Wohnung neben einer Frauenperücke und Damenbekleidung im Wert von umgerechnet knapp 25.000 Euro auch Utensilien für Fesselspiele gefunden worden waren, hielten die Ermittler einen Unfall für nicht völlig ausgeschlossen. Eine Polizistin fand in einem Versuch heraus, dass es zumindest theoretisch möglich ist, dass Williams auf der Suche nach sexueller Erfüllung selbst oder mit fremder Hilfe in die Tasche kletterte.

Die Familie des Mannes hatte sich jedoch stets dagegen verwahrt, den Toten in die Nähe der Schwulenszene zu rücken. Vor dem Untersuchungsausschuss in London sagte die Schwester des 31-Jährigen dem Guardian zufolge, ihr Bruder sei sehr großzügig gewesen. Die kostspieligen Kleidungsstücke seien wahrscheinlich "Geschenke" gewesen, so Ceri Subbe.

Sie richtete den Fokus vielmehr auf das Arbeitsumfeld des Geheimagenten. Ihr Bruder sei beim MI6 - wohin er für drei Jahre versetzt worden war - unglücklich gewesen, so Subbe. Er habe sich über "Spannungen" bei der Arbeit beklagt und unter dem internen "Konkurrenzkampf" gelitten. Der junge Mann hatte deshalb beantragt, vorzeitig zu seinem eigentlichen Arbeitgeber, dem Nachrichtendienst GCHQ, zurückkehren zu dürfen. Zu dieser Rückversetzung kam es jedoch nicht mehr.

Die Schwester des Toten bestand außerdem darauf, dass ihr Bruder sehr streng auf die Einhaltung des Sicherheitsprotokolls geachtet habe: "Gareth hat uns nicht genau erzählt, was er beruflich macht - natürlich wussten wir, wo er arbeitet, aber er hat keine Details genannt", sagte Subbe. Außerdem habe er ausschließlich Personen in seine Wohnung gelassen, die vorher einer Sicherheitsprüfung unterzogen worden seien.

Scotland Yard hält auch für denkbar, dass der 31-Jährige einem Komplott zum Opfer fiel und die bizarre Situation zur Täuschung der Ermittler herbeigeführt wurde. Williams Schwester konnte Spekulationen in diese Richtung jedoch nicht stützen. Ihr Bruder habe nie erzählt, dass er verfolgt oder bedroht werde, sagte Subbe. "Ich kann mir nicht vorstellen, warum ihm irgendjemand Leid zufügen wollte."

© Süddeutsche.de/dpa/jobr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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