Giftschlamm-Unglück in Ungarn:Tod und Verderben

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Die Zahl der Opfer nach dem Giftschlamm-Unglück in Ungarn steigt. Laut Greenpeace enthält die Brühe mehr Gift als zunächst angenommen. Die ungarische Regierung behauptet, die Lage sei unter Kontrolle.

Nach dem Giftschlamm-Unglück in Ungarn hat es mittlerweile sieben Todesopfer gegeben. Der Industrieschlamm aus dem geborstenen Speicherbecken einer Aluminiumhütte in Westungarn enthält Greenpeace zufolge weitaus mehr Schadstoffe als zunächst angenommen. Vor allem die Arsen- und Quecksilber-Werte seien gefährlich hoch und lägen über den für Rotschlamm üblichen Konzentrationen, sagte der Greenpeace-Chemiker Herwig Schuster in Wien.

Das Giftschlamm-Unglück in Ungarn hat bereits sieben Todesopfer gefordert. (Foto: dpa)

Vier Menschen waren am Montag umgekommen, als sich laugenhaltiger Industrieschlamm über Kolontar und vier weitere Orte ergoss. 150 Menschen wurden verletzt, die meisten erlitten Verätzungen. Insgesamt sind rund 40 Quadratkilometer Land betroffen. Zudem floss die Brühe über Wasserläufe in Richtung Donau.

Greenpeace kritisierte, die ungarische Regierung habe die wahren Giftmengen offenbar verschweigen wollen. "Wir sind überrascht, dass Greenpeace diese Ergebnisse veröffentlichen muss", erklärte Schuster. Tausende Hektar Land seien für Jahre nicht mehr nutzbar. "Diese Schadstoffmengen stellen ein zusätzliches langfristiges Risiko für die Ökosysteme und das Trinkwasser dar."

Die Umweltschutzorganisation hatte am Tag nach dem Unglück im Ort Kolontar Schlammproben genommen und diese vom österreichischen Umweltbundesamt in Wien analysieren lassen. Ungarns Regierungschef Viktor Orban gab am Freitag an, die Situation sei derzeit unter Kontrolle. "Die Lage wird beherrscht", sagte er in Sofia nach Gesprächen mit seinem bulgarischen Amtskollegen Bojko Borissow.

Ungarn hat die Hilfe der EU angefordert. Innenminister Sandor Pinter gab bekannt, dass die Union fünf Experten in das Donauland schickt. Die Gruppe werde Messungen vornehmen. Von den Ergebnissen hänge auch ab, ob Ungarn um weitere Hilfe aus dem Ausland bitten werde. In Rumänien wurde vier Tage nach dem Unglück vorerst Entwarnung gegeben. Nach derzeitigem Informationsstand bestehe keine Gefahr, dass stark verseuchtes Wasser über die Donau rumänisches Territorium erreiche, sagte der rumänische Umweltminister Borbely Laszlo in Bukarest.

Der laugenhaltige Industrieschlamm war über Nebenflüsse in die Donau gelangt. Frühestens Montagmittag werde verschmutztes Donauwasser Rumänien erreichen, bis dahin dürfte sich die Konzentration der Schadstoffe bis unter die Gefahrengrenze verdünnt haben, sagte der Minister. Die rumänischen Behörden bildeten eine Arbeitsgruppe aus Chemikern und Biologen, die alle drei Stunden die Qualität des Donauwassers untersucht. Experten stünden für Einsätze bereit. Sorgen bereitet die Situation vor allem in der 100.000-Einwohner-Stadt Drobeta-Turnu Severin, die ihr Trinkwasser aus der Donau bezieht. Notfalls müsse die Versorgung der Bevölkerung vorübergehend anders organisiert werden, hieß es.

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