Freizeit:Kommunen feiern trotz steigender Kosten Stadtfeste

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Besucher des 69. Darmstädter Heinerfest, das größte Volksfest Südhessens, stehen am Tag der Eröffnung bei einem Karussell und schauen den Fahrgästen zu. (Foto: Claus Voelker/dpa/Archivbild)

Ob Ausgaben für Bühnentechnik, Energie oder die Toilettenmiete: Auch die Veranstalter von Festen bekommen in diesem Jahr die allgemeine Kostensteigerung zu spüren. Das soll der Feierlaune aber keinen Abbruch tun.

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Frankfurt/Kassel/Gießen (dpa/lhe) - Kostensteigerungen und Personalmangel machen auch den Veranstaltern großer Feste in Hessen zu schaffen. Der für Juli geplante Christopher Street Day in Frankfurt etwa drohte wegen stark gestiegener Kosten auszufallen und konnte nur durch Spenden gerettet werden. Auch andere Feste in Hessen ächzen unter der finanziellen Mehrbelastung, sollen aber dennoch stattfinden, wie eine Stichprobe der Deutschen Presse-Agentur ergeben hat.

„In einigen Teilen gibt es gravierende Mehrkosten, in anderen überschaubare“, sagte Birgit Kuchenreiter, Sprecherin der Kassel Marketing GmbH, mit Blick auf den Zissel in Kassel. Das Volks- und Wasserfest gilt als das größte Nordhessens und findet in diesem Jahr vom 4. bis 7. August statt. Teurer würden vor allem die Dienstleistungen, bei denen der Faktor Mensch eine Rolle spiele. „Da sind der Fachkräftemangel sowie gestiegene Gehälter ein Treiber.“ Natürlich seien auch die höheren Energiekosten ein Thema. „Aber wie alle unsere Feste, wie beispielsweise das Altstadtfest, das Bergparkleuchten und die Museumsnacht, findet der Zissel wie geplant und ohne Einschränkungen statt“, erklärte Kuchenreiter.

„Das Bürgerfest in Hanau wird stattfinden“, betonte eine Sprecherin der Stadt. Ob Ton- und Bühnentechnik, Sicherheitsdienst oder Toilettencontainer - für alles müssen die Veranstalter tiefer in die Tasche greifen als in früheren Jahren. So koste die Miete für eine Bierzeltgarnitur jetzt 15 statt wie bisher 8 Euro, rechnet Sprecherin Ute Wolf vor. Wegen der Kostensteigerungen war der Zuschussbedarf beim Bürgerfest im vergangenen Jahr bereits um rund 60.000 Euro höher als 2019. Dieses Jahr wird mit einer weiteren Steigerung von 20.000 Euro gerechnet. „Wie immer beim Bürgerfest ist die Höhe des Zuschussbedarfes vom Wetter und von den eingenommenen Eintrittsgeldern abhängig“, erklärte die Sprecherin.

Einsparungen könnte es beim Feuerwerk geben, eventuell wird es ein Vereinszelt weniger geben. Beide Maßnahmen könnten unterm Strich rund 17.000 Euro einsparen. Außerdem muss für das überarbeitete Sicherheitskonzept den Angaben zufolge weniger ausgegeben werden als im Vorjahr. Das Hanauer Bürgerfest wird seit 1958 gefeiert. Anlass war damals der Dank der Stadt an die Bevölkerung für die Trümmerbeseitigung und Wiederaufbauleistung nach dem Krieg. Inzwischen zieht das bei gutem Wetter 60.000 bis 70.000 Besucher an. Gefeiert wird vom 1. bis 3. September auf den Mainwiesen bei Schloss Philippsruhe.

Beim Gießener Stadtfest vom 18. bis 20. August sind trotz höherer Kosten durch Inflation und hohe Strompreise keine Einschränkungen bei der Qualität der Angebote geplant. Das liege auch an der Art der Organisation, erklärte die Gießen Marketing GmbH, die verantwortlich ist für die Planung, das Sicherheitskonzept und die Standvergabe und auch die Hauptbühne auf dem Gießener Kirchenplatz betreut. Hier setze man auf ein bis zwei nationale Headliner die am Freitag- oder Samstagabend auftreten, während das übrige Programm vor allem von lokalen Bands bestritten werde. „Bei allen anderen Bühnen arbeiten wir mit unseren Kooperationspartnern zusammen, die das Bühnenprogramm eigenständig festlegen und teilweise selbst Einnahmen durch den Betrieb von Getränke- und Imbissständen generieren“, erklärte das Unternehmen.

Für das traditionsreiche Laternenfest in Bad Homburg Anfang September rechnet die Stadt mit Mehrkosten von 30.000 bis 35 000 Euro. Um das zu stemmen, wurden ein zweijähriger Turnus, eine Verkürzung auf drei Tage sowie ein Verzicht auf Bühnen und Bands diskutiert. „Das alles ist aufgrund der Bedeutung des Festes aber nicht vorstellbar“, teilte die Stadt mit. Nun sollen, wie bereits im vergangenen Jahr, Gebühren angehoben werden, zudem muss die Gastronomie für ihre Fläche auf dem Fest erstmals bezahlen.

Derweil stand in Frankfurt der diesjährige Christopher Street Day (13. bis 16. Juli 2023) auf der Kippe. Doch Dank Spenden kann das Straßenfest und die dazugehörige Demonstration Mitte Juli trotz gestiegener Kosten nun doch noch stattfinden. Das Kostendefizit von etwa 69.000 Euro habe ausgeglichen werden können, teilten die Organisatoren kürzlich mit. Der Frankfurter CSD ist die größte Veranstaltung der lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans-, intergeschlechtlichen und queeren (LGBTIQ) Community in Hessen und eine der größten bundesweit. Die Veranstalter erwarten nach eigenen Angaben rund 250.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer.

Auch dem Hessischen Städte- und Gemeindebund berichten Kommunen von Problemen. „Die allgemeine Preisentwicklung macht natürlich auch vor Stadtfesten nicht halt“, sagte Geschäftsführer David Rauber. Hinzu kämen Sonderthemen wie zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen mit Sicherheitsdiensten und Blockaden gegen Attacken etwa gegen Straßenfeste mit Fahrzeugen. Um funktionierende, attraktive und eben auch sichere Veranstaltungen auf die Beine zu stellen, stiegen die organisatorischen Anforderungen. Zudem sei Personal knapp - „bei den Kommunen selbst, aber durchaus auch bei den Anbietern von Angeboten.“

Wie gehen die Kommunen damit um? „Krummlegen und nach Möglichkeit trotzdem möglich machen, um gerade auch nach den Pandemie-Jahren wieder mehr Miteinander innerhalb der Bevölkerung zu ermöglichen“, sagte Rauber und forderte, die Kommunen müssten die nötigen personellen und finanziellen Möglichkeiten haben. „Wenn alles Geld und das knappe Personal für die von Bund und Land geschaffenen Pflichtaufgaben beansprucht ist, ist schlicht niemand mehr da, der so ein Fest organisieren kann“, warnte er.

© dpa-infocom, dpa:230605-99-941821/4

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