Flugzeugabsturz in Iran:Der Fluch der Tupolew

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Bei einem Flugzeugabsturz in Iran sterben alle 168 Insassen. Die iranische Luftfahrt kämpft aufgrund von Sanktionen und Boykott mit der Überalterung der Flugzeuge.

Rudolph Chimelli

Ein Verkehrsflugzeug der privaten iranischen Linie Caspian Airlines ist am Mittwoch nahe der Stadt Kaswin, 120 Kilometer nordwestlich von Teheran, abgestürzt. Alle 153 Passagiere und 15 Besatzungsmitglieder kamen ums Leben. Die Maschine vom russischen Typ Tupolew 154 war 16 Minuten zuvor vom Teheraner Imam-Chomeini-Flugplatz gestartet und befand sich auf dem Weg in die armenische Hauptstadt Eriwan.

Über die Ursache des Unglücks gab es zunächst keine zuverlässigen Angaben. Nach unbestätigten Berichten war in der Maschine ein Feuer ausgebrochen, worauf der Pilot angeblich eine Notlandung versuchte. "Das Flugzeug hat bereits in der Luft gebrannt", zitierten Agenturen einen Sprecher der Provinzverwaltung von Kaswin.

Beim Absturz in der Nähe des Dorfes Dschannatabad riss die Maschine einen tiefen Krater in den Boden. Die Trümmer waren im Umkreis von mehreren hundert Metern verstreut. Bilder des iranischen Fernsehens zeigten rauchende Wrackteile, Überreste von Leichen und zerfledderte Reisepässe. Die meisten Opfer sind wohl iranische Staatsangehörige, sagte ein Sprecher der armenischen Luftfahrtbehörde.

Auch sechs Armenier und zwei Georgier befanden sich demnach an Bord. Unter den Toten sind die Mitglieder einer iranischen Jugendmannschaft im Judo, die nach Armenien zum Training fliegen wollten.

Bereits im Februar 1992 war eine iranische Tupolew 154 kurz nach dem Start in Teheran mit einem Kampfflugzeug der Luftwaffe kollidiert. Dabei starben zwölf Besatzungsmitglieder und 119 Passagiere. Am 12.Februar 2002 stieß eine weitere iranische Tupolew beim Landeanflug auf die Stadt Choramabad bei starkem Regen und Schneetreiben an das Sefid-Ku-Gebirge.

Dabei verloren alle 107 Passagiere und zwölf Besatzungsmitglieder ihr Leben. Zuletzt fing eine Tupolew der Gesellschaft Iran Air Tours bei der Landung in der nordostiranischen Stadt Maschhad Feuer. Wieder wurden mehrere Dutzend Insassen getötet. Die in Iran fliegenden Tupolews haben den Ruf, alt und schlecht gewartet zu sein.

Überalterung ist derzeit das größte Problem der iranischen Luftfahrt. Als Folge von Sanktionen und Boykott ist es sowohl für die staatliche Fluggesellschaft Iran Air als auch für private Linien sehr schwer, Airbus-, Boeing- oder andere Maschinen aus westlicher Produktion zu kaufen.

Sogar der Erwerb von Ersatzteilen ist schwierig. Flugzeuge westlicher Herkunft müssen mindestens sieben Jahre alt sein, bevor sie an Iraner übereignet werden dürfen. Die Lufthansa, die seit Jahrzehnten die Wartung der Iran-Air-Maschinen betrieb, stand zeitweise unter starkem amerikanischen Druck, diesen Service einzustellen.

Die insgesamt 30 Airbus-Flugzeuge von Iran Air wurden überwiegend in gebrauchtem Zustand über die Türkei oder andere Länder beschafft. Zum Teil sind sie auch nur gepachtet. Einige der 13 Boeings stammen noch aus der Zeit vor der Revolution von 1979. Das Durchschnittsalter iranischer Verkehrsflugzeuge beträgt 22,6 Jahre. In dieser Zwangslage griffen die Iraner immer wieder auf russische Flugzeuge zurück.

© SZ vom 16.07.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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