Familiendrama in Baden-Württemberg:Junge Frau ein Jahr lang gefangen gehalten

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Eine dreiköpfige Familie soll eine junge Frau monatelang eingeschlossen und misshandelt haben. Nun gelang der 20-Jährigen die Flucht. Die Familie wurde festgenommen und ist in Untersuchungshaft.

Eine 20-Jährige soll im nordbadischen Haßmersheim ein Jahr lang wie eine Sklavin gefangen gehalten, misshandelt, bedroht und sexuell genötigt worden sein.

Am Wochenende gelang der Frau die Flucht durch ein offenes Fenster des Hauses. Sie wandte sich an eine Polizeidienststelle im Rhein-Neckar-Kreis. Ein Sondereinsatzkommando hat daraufhin am frühen Mittwochmorgen einen Mann, eine Frau und deren Sohn festgenommen, teilten Staatsanwaltschaft und Polizei am Donnerstag mit.

Die Frau und die dreiköpfige Familie waren nach Angaben der Staatsanwaltschaft einander bekannt. Es handele sich nicht um einen Entführungsfall, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Der Familienvater strafrechtlich bereits in Erscheinung getreten, hieß es weiter. Da es Hinweise gab, dass der Familienvater im Besitz von Waffen sein könnte, wurde das Sondereinsatzkommando hinzugezogen.

Die dreiköpfige Familie ist in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft erwirkte Haftbefehle. Sie sollen die Frau in das Haus der Familie im Neckar-Odenwald-Kreis eingeschlossen und mit Gewalt und Drohungen zur Hausarbeit gezwungen haben. Mindestens ein Familienmitglied bewachte die Frau und hinderte sie an der Flucht. Der Familienvater soll sie mindestens einmal sexuell genötigt haben.

Umzug erst vor drei Monaten

Eine Qualität wie der Fall Fritzl im österreichischen Amstetten, wo ein Mann seine Tochter über viele Jahre im Keller gefangen hielt und mit ihr mehrere Kinder zeugte, habe der Fall in Haßmersheim nicht, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft.

Erst vor drei Monaten war die Familie aus dem Rhein-Neckar-Kreis nach Haßmersheim gezogen. Der Staatsanwaltschaftssprecher sagte: "Ja, es hat einen Umzug in der Tatzeit gegeben." Ob jedoch die genauen Umstände des Umzugs ermittelt werden könnten, sei unklar. Nähere Angaben zu den Umständen, wie die Frau im Haus der Familie gelebt habe, wollte er zum Schutz der Frau nicht machen.

Laut Staatsanwaltschaft soll das Paar die Vorwürfe bestreiten. Der Sohn habe jedoch einzelne Vorwürfe und auch Gewalt gegen die Frau eingeräumt. Die 20-Jährige, die aus Würzburg stamme, sei eine Bekannte des Sohnes. Ersten Erkenntnissen zufolge sei sie freiwillig zu der Familie gezogen.

Der Bürgermeister von Haßmersheim zeigte sich entsetzt: "Ich bin seit 22 Jahren Bürgermeister hier, aber so etwas ist in unserer Gemeinde noch nicht passiert", sagte Marcus Dietrich. Er sei bestürzt und überrascht gewesen von der Tat, die er sonst nur in Großstädten erwartet habe. Weiter sagte er, "für uns als Gemeinde ist es wichtig, dass wir alle stärker auf unsere Mitbürger achten". In Haßmersheim leben knapp 5000 Einwohner.

© dpa/dpad/cag - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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