David Letterman:Öffentliche Beichte

Lesezeit: 2 min

"Wenn Sie gekommen sind, um Sex zu haben, sind Sie hier im falschen Studio": Nachdem er sich in seiner Show als Erpressungsopfer geoutet hat, machen sich Kollegen über David Letterman lustig.

J. Häntzschel

David Letterman erzählte und erzählte, das Publikum lachte und lachte, und auch nach zehn Minuten hatten die Leute noch nicht verstanden, dass dem Monolog keine Pointe folgen würde, dass hier nichts witzig war.

Talkmaster David Letterman bei seiner öffentlichen Beichte. (Foto: Foto: AP)

Der für seine Reserviertheit bekannte, nie in der Öffentlichkeit zu sehende Talkmaster bekannte am Donnerstagabend in seiner Show, mehrere Affären mit seinen Angestellten gehabt zu haben - und nun deshalb beinahe Opfer einer Erpressung geworden zu sein.

Zwei Millionen Dollar Schweigegeld habe ein Unbekannter von ihm gefordert. Wenn Letterman nicht zahle, werde er das Liebesleben des Talkmasters zu einem Theaterstück und einem Film verarbeiten.

Nach der nicht endenden Kette von Sexskandalen amerikanischer Politiker und der jüngsten Debatte um den Fall Polanski stürzten sich die Kommentatoren auf ihn. Letterman, der sich gerne über erotische Fehltritte öffentlicher Figuren lustig macht, wurde als Heuchler beschimpft.

Noch mehr Freude hatten die Kollegen an der Geschichte: "Wenn Sie gekommen sind, um Sex mit einem Talkshow-Host zu haben, sind Sie hier im falschen Studio", scherzte Lettermans Erzrivale Jay Leno. Viele vergaßen in der Aufregung, dass Letterman, der erst diesen März geheiratet hatte, weder Ehebruch noch Verführung Minderjähriger vorzuwerfen ist.

Peinlich ist die Angelegenheit für Letterman dennoch, und nicht nur wegen des Hautgouts jeder Affäre zwischen Chef und Untergebenen und wegen der Verletzung des politisch-korrekten Tabus von Sex am Arbeitsplatz: Immerhin lebt Letterman mit seiner Frau Regina Lasko, mit der er ein sechsjähriges Kind hat, seit 1986 zusammen.

Eine der Freundinnen ist Stephanie Birkitt, 34, die als persönliche Assistentin für Letterman arbeitet. Eine andere ist die ehemalige Praktikantin Holly Hester.

"Haben Sie Lust auf eine Geschichte", hatte Letterman gefragt, und erzählte dann, wie er eines morgens ein Paket in seinem Auto gefunden habe. Darin fand er Briefe und Tagebuchseiten der Geliebten, Fotos sowie ein Schreiben des Erpressers.

Zwei Mal trafen Letterman und sein Anwalt diesen daraufhin in einem New Yorker Hotel. Beim dritten Mal übergab ihm der von der Polizei instruierte Letterman einen falschen Scheck. Wenig später nahm ihn die Polizei fest.

Erst nachdem Letterman die Räuberpistole ausgebreitet hatte, überraschte er sein Publikum mit dem Satz: "Ich hatte Sex mit Frauen, die für mich an der Show arbeiten" und nannte sein Verhalten "schmierig". Erst da schwieg der Saal.

Stümperhaftes Vorgehen

Robert Halderman, 51, arbeitet seit 20 Jahren als Produzent bei CBS und war bis vor kurzem mit Birkitt liiert. Nun riskiert Halderman nicht nur eine empfindliche Strafe, er muss sich auch für sein stümperhaftes Vorgehen auslachen lassen. Offenbar hat er nicht mit Lettermans Flucht nach vorn gerechnet, die viele als beispielhaft rühmten.

Andere empfanden sein kühles Bekenntnis - ohne Zerknirschtheit, ohne Tränen, ohne Entschuldigung bei Ehefrau und Publikum - allerdings als weiteres Zeichen seiner Arroganz.

Letterman badet zur Zeit im Erfolg. Seit Lenos "Tonight Show" auf einen früheren Sendeplatz verlegt wurde, klettern seine Quoten in nie erreichte Höhen. Und eine Serie von kleinen Skandalen wie der kalkuliert anzüglichen Bemerkung über Sarah Palins Tochter und Triumphen wie dem Besuch von Präsident Obama hielt er sich geschickt im Gespräch.

Bei CBS heißt es indes, man stehe zu Letterman - sofern nicht noch gravierendere Einzelheiten ans Licht kommen.

© sueddeutsche.de/afis - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: