Chilenischer Kumpel beim Triathlon:Dem Druck davonlaufen

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Startnummer 33: Einer der geretteten chilenischen Bergleute nimmt an einem Triathlon teil - dabei wurde Edison Peña kurz zuvor wegen Angstzuständen im Krankenhaus behandelt. Auch andere Kumpel stehen kurz vor dem Kollaps.

Körperliche Verausgabung bei den einen, Angstzustände und Alkoholprobleme bei den anderen: Die geretteten chilenischen Bergarbeiter gehen auf unterschiedliche Weise mit ihrer neuen Popularität um. Dem Druck der Öffentlichkeit muss jeder von ihnen alleine standhalten.

Vor wenigen Tagen wegen Angstzuständen im Krankenhaus, nun Zehn-Kilometer-Läufer: Triathlon-Teilnehmer Edison Peña. (Foto: dpa)

Edison Peña verbindet beide Extreme in sich: Der 34-Jährige hat am Wochenende knapp zwei Wochen nach seiner Rettung an einem Zehn-Kilometer-Lauf im Rahmen eines Triathlons teilgenommen - dabei war er nur zwei Tage zuvor wegen einer Angstattacke im Krankenhaus behandelt worden. Der für seine Vorliebe für Songs von Elvis Presley bekannte Edison war auf einer Party für die Bergleute zusammengebrochen, berichtete die Zeitung La Tercera.

Mindestens fünf weitere Kumpel kämpften demnach zudem mit Alkoholproblemen. Sie hätten im Rahmen der vielen Feierlichkeiten nach der geglückten Rettung der verschütteten Kumpel in den vergangenen Wochen zu viel Alkohol getrunken.

Zumindest körperlich fit sind die meisten Bergleute wegen des unter Tage verordneten Fitness-Trainings. Peña war nach eigenen Angaben in der Tiefe täglich fünf bis zehn Kilometer in den unterirdischen Gängen gelaufen - in seinen Bergarbeiterstiefeln.

Nach der Bergung wurde er eingeladen, am Triathlon Piedra Roja in Chicureo teilzunehmen, 40 Kilometer nördlich der Hauptstadt Santiago. Peña lief in einer Staffel mit zwei Lokalmatadoren eine Strecke von 10,5 Kilometern. Er trug dabei die Startnummer 33, in Erinnerung an die Zahl der verschütteten Kumpel.

"Laufen bedeutet Spannungen abzubauen, den Kopf freizukriegen, sich der chaotischen Gedanken zu entledigen", erklärte Peña. Wichtig sei es, um ein Ziel zu kämpfen, unabhängig von den Hindernissen, die den Weg dorthin erschwerten.

Doch nicht alle der befreiten 33 Bergleute können den neuen Stress über Tage mit Sport verarbeiten. Medienberichten zufolge ist in vielen der Bergarbeiterfamilien Streit darüber ausgebrochen, wie die Berühmtheit der Geretteten am besten auszunutzen sei. Für die Arbeiter, die zuvor nie im Rampenlicht standen, stellen die Auftritte im Fernsehen, die Einladungen aus aller Welt, Galadinner, Werbeangebote und Interviewanfragen eine große Belastung dar. Die Rede ist von Alkoholexzessen, Schlaflosigkeit und Angstattacken.

Dem "Spaßvogel" und Moderator der Videos aus der chilenischen Unglücksmine, Mario Sepúlveda, ist eineinhalb Wochen nach der Befreiung das Lachen vergangen. "Wenn ich an die schönen Augenblicke zurückdenke, die wir (dort unten) erlebt haben, und an die Menschen, die ich lieben lernte, würde ich lieber wieder dort (in der Mine) sein", sagte er im Fernsehen.

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Mit tränenerstickter Stimme und zitternd klagte Sepúlveda bei einem Galadinner, wie schwer ihm und seinen Kameraden "dieses neue Leben" falle. Der Millionär Leonardo Farkas, der das Essen ausgerichtet hatte, und der Leidensgenosse aus der Tiefe Claudio Yánez mussten den schwankenden Sepúlveda stützen. Bei der Rettung am Mittwoch vor einer Woche war er noch wie ein Derwisch um das Bohrloch gesprungen, hatte Präsident Sebastián Piñera und das halbe Kabinett gleich zweimal umarmt. Jetzt will er nur seine Ruhe und als der anerkannt sein, was was er ist: ein Bergmann und nicht ein Weltstar.

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Alle 33 zurück im Leben: Die ganze Welt nimmt Anteil an der Rettung der chilenischen Bergleute. Als der letzte Kumpel aus der Rettungskapsel steigt, brechen die Menschen vielerorts in Chile in Tränen aus.

Die Bergung in Bildern

Der "große" Yonni Barrios, der als "Arzt unter Tage" und als der "Untreue von Atacama" bekanntgeworden war, weil er Spritzen setzen konnte und sich seine Frau und seine Geliebte bei der Mine über den Weg liefen und prompt in die Haare gerieten, nahm ebenfalls an dem Abendessen in dem Küstenort Caldera teil. Aber nur, weil er die fünf Millionen Pesos (7500 Euro), die Farkas jedem der 33 Bergleute spendete, für den Kauf eines Kleinlastwagens brauchen konnte. Mit der Presse sprechen wolle er partout nicht, klagte seine Stieftochter der Zeitung La Tercera. "Er war immer ein Einzelgänger, der am liebsten neben dem Radio hockt und Rancheras (Musik) hört, und das hat sich nicht geändert", sagt die Frau nervös, weil er doch "so alle Chancen (auf Geld) vorbeirauschen lässt".

"Einem Armen kann nichts Schlimmeres passieren, als über Nacht reich zu werden", sagt der Gewerkschafter Javier Castillo. Ein Besuch am Tag nach der Rettung im Haus der Mutter des gefeierten Schichtführers Luis Uzúra in Copiapó bestätigte diese Sorge. "In der großen Familie gibt es sowieso schon Spannungen. Die Mutter von Luis spricht nicht mehr mit seiner Frau, und die Aussicht auf das große Geld könnte alle gegeneinander aufbringen", warnte Jaime Martínez, ein Freund der Familie.

Die Psychologen warnen die Öffentlichkeit, die Geretteten seien sehr "schwach" und müssten geschont werden. Wer sie jetzt mit Angeboten jeder Art überhäufe, tue ihnen keinen Gefallen.

Den Männern raten sie, einfach kürzerzutreten, sich Zeit zu lassen und Ruhe zu bewahren. "Das Abendessen (mit Farkas) fand ich wunderschön, aber es hätte ebenso gut eine Woche später stattfinden können, wenn die Männer in einem besseren Zustand gewesen wären", sagte Alberto Iturra, der die 33 Bergleute während ihrer Gefangenschaft in mehr als 600 Meter Tiefe in der Mine San José betreut hatte. Die Geretteten sollten den vielen Angeboten und Ansprüchen nicht ausweichen, meint Iturra, aber sie "höflich und freundlich" zurückweisen, wenn ihnen etwas zu viel werde.

Dem Druck wie Edison Peña davonzulaufen, wird nur den wenigsten gelingen. Heute Abend hat Präsident Sebastián Piñera die Bergleute zu einem Empfang in seinem Palast geladen.

© sueddeutsche.de/dapd/AFP/kat - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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