Bundeswehrskandal von Coesfeld:Neuer Prozess um Misshandlung von Rekruten

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Die Quälerei war ihnen "zumindest gleichgültig": Sieben frühere Unteroffiziere sind angeklagt, weil sie im Jahr 2004 Rekruten misshandelt haben sollen. Die Urteile eines früheren Verfahrens waren wegen Rechtsfehlern aufgehoben worden - nun wird der Fall neu verhandelt.

Der Strafprozess um die Misshandlung von Bundeswehrrekruten in Coesfeld ist in eine neue Runde gegangen. Wegen der Quälereien im Jahr 2004 müssen sich sieben frühere Unteroffiziere vor dem Landgericht Münster verantworten. In einem ersten Verfahren waren sie mit Freisprüchen oder Geldstrafen davongekommen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat diese Urteile aber wegen Rechtsfehlern aufgehoben.

In der Coesfelder Freiherr-vom-Stein-Kaserne wurden im Jahr 2004 Rekruten misshandelt und entwürdigend behandelt. (Foto: dpa)

Mit Haft müssen die Angeklagten auch diesmal nicht rechnen: "Es wird nur um Geldstrafen gehen können", sagte Staatsanwalt Michael Frerichs. Bei einer Verurteilung dürften außerdem Prozesskosten in fünfstelliger Höhe auf die Männer zukommen.

Den Angeklagten, von denen keiner mehr der Bundeswehr angehört, wird vorgeworfen, im Sommer 2004 nach einem Nachtmarsch bei vier simulierten Geiselnahmen geholfen zu haben. Dabei waren mehr als 160 Rekruten der Coesfelder Freiherr-vom-Stein-Kaserne überfallen, misshandelt und entwürdigend behandelt worden. Zum Teil wurden die Rekruten mit Stromschlägen malträtiert oder ihnen wurde Wasser in Mund und Nase geschüttet. Einige Soldaten erhielten Fußtritte.

Klarer Verstoß gegen die Dienstvorschriften

In dem neuen Verfahren gegen die sieben Unteroffiziere, die Staatsanwalt Frerichs als "Mitläufer" bezeichnete, werden die misshandelten Rekruten voraussichtlich nicht zu Wort kommen. Stattdessen sollen ehemalige Beschuldigte gehört werden, deren Verfahren abgeschlossen ist. Es sind noch weitere sechs Verhandlungstage eingeplant, das Urteil soll am 30. Juni verkündet werden.

Die Verfahren gegen den Kompaniechef und die eigentlichen Rädelsführer der Misshandlungen waren schon 2007 abgeschlossen worden. In dem bislang längsten Prozess in der Geschichte der Bundeswehr waren neun ehemalige Bundeswehrausbilder zu Bewährungs- oder Geldstrafen verurteilt und sechs weitere freigesprochen worden. Gegen drei Angeklagte wurde das Verfahren wegen ihres geringen Tatbeitrages eingestellt. Der Bundesgerichtshof ließ die Revision der Staatsanwaltschaft zu und verwies das Verfahren zurück nach Münster.

Das Landgericht muss nun die mögliche Mittäterschaft der Angeklagten prüfen. Laut BGH waren ihnen ihre Taten "zumindest gleichgültig", dabei seien die körperlichen Misshandlungen ein "klarer Verstoß" gegen Dienstvorschriften bei der Bundeswehr.

© sueddeutsche.de/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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