BGH verweist an EuGH
Fünf Jahre nach dem Skandal mit mangelhaften Brustimplantaten der französischen Firma Poly Implant Prothèse (PIP) hat der Bundesgerichtshof (BGH) erstmals die Klage einer Betroffenen geprüft. Die Frau hatte vom TÜV Rheinland 40 000 Euro Schmerzensgeld verlangt, weil dieser PIP nicht ausreichend überprüft habe. 2010 war bekannt geworden, dass das Unternehmen jahrelang Brustimplantate mit billigem Industriesilikon gefüllt hatte.
Doch der BGH setzte das Verfahren am Donnerstag aus und legte dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg mehrere Anfragen vor, bevor er abschließend über den Fall entscheidet. Dabei geht es um die Auslegung von europäischem Recht. Die Fragen betreffen die Pflichten des TÜV bei der Überwachung. (Az.: VII ZR 36/14)
Es geht zunächst um die Grundsatzfrage, ob die CE-Zertifizierung für Medizinprodukte überhaupt Schutzwirkung für die Patientinnen entfaltet. Andernfalls scheidet eine Haftung des TÜV Rheinland von vornherein aus.
Weiter will der BGH wissen, ob die CE-Zertifizierung tatsächlich nur das Herstellungsverfahren umfasst, oder ob hierzu auch "eine generelle oder zumindest anlassbezogene Produktprüfungspflicht" gehört. Betroffene Frauen hatten dem TÜV Rheinland zudem vorgeworfen, dass er PIP nur mit Anmeldung besucht hatte. Der EuGH soll daher auch klären, ob zur Zertifizierung auch "unangemeldete Inspektionen" gehören.
Prozess um Billig-Silikon:"Unsere Hausmischung"
Weltweit fügte er 300.000 Frauen Leid zu, doch von Einsicht ist keine Spur: Ein Gericht hat Jean-Claude Mas zu vier Jahren Haft verurteilt, weil er jahrelang Brustimplantate aus billigem Silikon fabrizierte. Trotzdem fuhr er nach dem Urteil als freier Mann nach Hause.
PIP-Gründer ist bereits verurteilt
Der PiP-Gründer war im Dezember 2013 zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Das Gericht in Marseille sah es als erwiesen an, dass der Mann auch den TÜV bewusst täuschte. Seine Firma ist mittlerweile pleite.
Der Frau waren 2008 nach einer Operation zur Krebsvorsorge in beiden Brüsten Implantate von PIP eingesetzt worden, wie mehr als 5000 anderen Frauen in Deutschland auch. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte veröffentlichte später eine Empfehlung, die Kissen herausoperieren zu lassen. Die Klägerin ließ sich die Implantate 2012 entfernen.
Darum will die Klägerin Schmerzensgeld vom TÜV Rheinland
Die Frau hatte, wie zahlreiche andere Betroffenen auch, wegen des Skandals den TÜV Rheinland verklagt. Sie will Schmerzensgeld in Höhe 40 000 Euro. Der TÜV hatte bei PIP die Produktionsprozesse geprüft. Das ist notwendig für die Vergabe des europäischen Qualitäts-Siegels CE.
Vor deutschen Gerichten hat noch keine geschädigte Frau Recht bekommen. Auch die Klägerin war in den Vorinstanzen gescheitert. So sah das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken 2014 keine Beweise dafür, dass der TÜV seine Prüfpflichten verletzt hat: Die Organisation habe nur das Qualitätssicherungssystem des Herstellers überprüfen müssen, nicht die Beschaffenheit und Qualität der hergestellten Produkte.