Blogger-Wunderkind in Serbien:"Manche finden mich seltsam"

Lesezeit: 2 min

Ein Zwölfjähriger wird in Serbien von radikalen Rechten bedroht - wegen der prowestlichen Ideen, die er in seinem Blog verbreitet. Ein Gespräch mit Rastko.

Karin Prummer

SZ: Rastko, kannst du nachvollziehen, dass viele Leute über dich sagen: Das Kind ist verrückt?

Als er jünger war, hat Rastko sich nach eigenen Angaben mehr für Geschichte interessiert - heute fokussiert sich der Zwölfjährige auf Menschenrechte. (Foto: Symbolbild: dpa)

Rastko: Ich weiß, einige Leute finden mich seltsam. Aber ich verstehe wirklich nicht, warum.

SZ: Na ja, du schreibst über den Nahostkonflikt, Menschenrechte, die politische Zukunft Serbiens. Nicht gerade die Top-Themen bei Jungen in deinem Alter.

Rastko: Aber das sind doch alles Fragen, die meine Zukunft beeinflussen werden. Ich sollte also daran arbeiten, sie mitzubestimmen, oder?

SZ: Ja, natürlich. In Serbien wird seit Wochen über den Blog diskutiert, überrascht dich die große Aufmerksamkeit?

Rastko: Ja. Ich dachte: Niemand wird auf ein Kind hören. Okay, am Anfang wusste natürlich auch noch niemand, dass ich so jung bin.

SZ: Wie meinst du das?

Rastko: Bevor ich im Februar meinen eigenen Blog angefangen habe, hatte ich nur über Facebook gebloggt. Da darf man sich erst ab 13 Jahren registrieren, ich war elf. Also habe ich geschrieben, ich sei 36. Erst seit mein Buch über die US-Präsidenten herausgekommen ist, und ich im März dafür Werbung gemacht habe, ist mein Alter bekannt.

SZ: Die amerikanischen Präsidenten?

Rastko: Na ja, als ich jünger war, habe ich mich eben sehr für Geschichte interessiert, aber jetzt nicht mehr. Ich fokussiere mich jetzt auf Menschenrechte. Heute war ich hier in Belgrad auf eine Konferenz einer Frauenorganisation eingeladen, die über Themen wie Militarismus und Feminismus diskutieren. Ich kämpfe für die Öffnung meines Landes, wir müssen in die Zukunft schauen, ich bin für den Nato- und EU-Beitritt.

SZ: Willst du Politiker werden?

Rastko: Nein. Obwohl viele Menschen, die ich für ihre Arbeit bewundere, Politiker sind. Barack Obama zum Beispiel, mit dem ich viele politische Ideen teile. Oder der frühere finnische Präsident Ahtisaari und Aung San Suu Kyi, die Friedensnobelpreisträgerin aus Birma.

SZ: Woher weißt du denn so viel über diese Menschen? Aus der Schule?

Rastko: Nein, ganz sicher nicht. Das Bildungssystem hier ist der Horror, niemand geht auf deine individuellen Interessen ein. Meine Eltern interessieren sich auch nicht für Politik. Ich lerne vor allem über das Internet und aus Büchern.

SZ: Mit deinen freiheitlichen und prowestlichen Ideen hast du dir Feinde gemacht.

Rastko: Ja, die extreme Rechte hier ist gewalttätig. Sie haben mir über das Internet gedroht. Zum Beispiel, dass sie vor meiner Schule auf mich warten, mich zusammenschlagen und töten werden. Erst habe ich versucht, das zu ignorieren. Aber dann haben die Medien in Artikeln den Namen meiner Schule erwähnt, jeder konnte mich finden. Deshalb bin ich mit meiner Mutter zur Polizei gegangen.

SZ: Hattest du Angst?

Rastko: Ein wenig schon. Die Polizei hat mich ein paar Tage geschützt, und meine Mutter hat mich wochenlang jeden Tag zur Schule begleitet und wieder abgeholt. Jetzt aber nicht mehr. Leider hat Facebook mein Profil gesperrt, weil rauskam, dass ich noch nicht 13 bin. Momentan weiß ich nicht einmal, ob ich immer noch bedroht werde.

SZ: Hörst du jetzt auf zu bloggen?

Rastko: Niemand wird es schaffen, mich auf meinem eigenen Blog vom Schreiben abzuhalten. Ich bin ein Menschenrechtsaktivist, ich kämpfe für Freiheit. Wenn ich mich jetzt einschüchtern lasse, würde ich mir genau das nehmen lassen, für das ich kämpfe.

SZ: Was sagt deine Mutter dazu?

Rastko: Das ist eine Entscheidung, die ich alleine getroffen habe. Ich bin schließlich nicht mehr elf.

© SZ vom 01.06.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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