Berlin:Stoß von U-Bahn-Treppe: Polizei stellt Begleiter des mutmaßlichen Täters

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Die Polizei veröffentlichte ein Video der Tat, das die Überwachungskamera der Berliner Verkehrsbetriebe aufgenommen hatte. (Foto: Screenshot/Youtube/Polizeimeldung)

Ein Mann stößt eine Frau von der U-Bahn-Treppe in Berlin, einfach so. Jetzt wurde einer seiner Begleiter von der Polizei gefasst.

Von Verena Mayer, Berlin

Eine junge Frau geht in einem U-Bahnhof die Treppe hinunter. Sie trägt einen dunklen Mantel, ihre Kapuze hat sie gegen die Kälte hochgezogen. Plötzlich tritt ein Mann, der mit einer Bierflasche hinter ihr läuft, mit dem Fuß gegen ihren Rücken. Einfach so, die beiden kennen sich nicht. Die Frau fällt die Steinstufen hinab und bleibt zusammengekrümmt liegen. Der Mann geht weiter und zieht an seiner Zigarette, als wäre nichts gewesen.

Dieser Vorfall hat sich bereits im Oktober auf dem Berliner U-Bahnhof Hermannstraße im Bezirk Neukölln ereignet. Doch seit Ende vergangener Woche ein Video aus einer Überwachungskamera der Berliner Verkehrsbetriebe an die Öffentlichkeit gelangte, sorgt die Tat über Berlin hinaus für Schlagzeilen: Wie eine Frau aus heiterem Himmel Opfer roher Gewalt werden kann. Weder kannte der Täter die 26-Jährige, noch gab es der Berliner Polizei zufolge im U-Bahnhof irgendeine Art von Auseinandersetzung zwischen den beiden. Die junge Frau brach sich beim Sturz den Arm.

Die Zahl der Gewalttaten ist auf dem niedrigsten Stand seit den Neunzigerjahren

Inzwischen hat die Fahndung nach dem Täter zu einem ersten Erfolg geführt. Am Montag gab die Berliner Staatsanwaltschaft bekannt, dass man einen der drei jungen Männer identifiziert habe, die den Täter begleiteten und ebenfalls einfach weiterliefen. Er wurde Montagnachmittag vernommen, weitere Einzelheiten wurden nicht bekannt gegeben.

Der Angriff hat in Berlin eine Debatte über die Sicherheit im öffentlichen Raum ausgelöst. Zwar ist der Berliner Kriminalstatistik zufolge die Gewalt auf Straßen, Plätzen, in Bussen und Bahnen 2015 deutlich zurückgegangen, die Zahl der Gewalttaten sank auf den niedrigsten Stand seit Mitte der Neunzigerjahre. Dennoch kam es in Berlin in diesem Jahr immer wieder zu Aufsehen erregenden Übergriffen in U-Bahnhöfen. Im Januar stieß ein psychisch Kranker eine 20-Jährige auf dem Ernst-Reuter-Platz völlig unvermittelt auf die U-Bahn-Gleise, die junge Frau wurde von der U-Bahn überrollt und starb. Im Sommer warf dann auf dem Alexanderplatz ein Mann eine 60-Jährige ins Gleisbett, mit der er zuvor in der U-Bahn einen Wortwechsel gehabt hatte. Die Frau konnte in letzter Minute durch Sicherheitspersonal gerettet werden.

Am Wochenende sagte Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) dem Tagesspiegel, die U-Bahnhöfe der Hauptstadt dürften "keine Angsträume sein". Zudem mehren sich die Stimmen, die einen Ausbau der Videoüberwachung im öffentlichen Raum fordern. In die Kritik gekommen war auch die Berliner Polizei, weil sie die Bilder aus der Überwachungskamera erst Monate nach der Tat öffentlich gemacht hatte. Dies habe aber, so die Polizei, damit zu tun, dass erst alle anderen Ermittlungsmethoden ausgeschöpft würden, bevor man sich zu einer öffentlichen Fahndung entschließe. Nicht zuletzt hat die Gleichgültigkeit der Umstehenden Bestürzung ausgelöst. In dem Video sieht man, wie ein Mann aus der Gruppe auf die verletzte Frau blickt - und dann eine Bierflasche von der Treppe aufhebt und weiterläuft.

© SZ vom 13.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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