Bamberg:Alles für die Forschung

Im Missbrauchsprozess gegen einen Chefarzt fordert die Verteidigung maximal eine Bewährungsstrafe.

Von Annette Ramelsberger, Bamberg

Nach 70 Verhandlungstagen hat die Verteidigung im Bamberger Chefarztprozess die sofortige Freilassung des wegen Vergewaltigung angeklagten Dr. Heinz W. gefordert. Sollte der 51 Jahre alte Arzt dennoch verurteilt werden, sei höchstens eine Bewährungsstrafe in Betracht zu ziehen, erklärten Klaus Bernsmann und Katharina Rausch, zwei der drei Verteidiger des angeklagten früheren Chefarztes. Ihr Kollege Dieter Widmann forderte sogar einen Freispruch. Die Staatsanwaltschaft dagegen hatte vergangene Woche die Höchststrafe von 15 Jahren wegen schwerer Vergewaltigung gefordert, obwohl es bei den Missbrauchsfällen nicht zum Geschlechtsverkehr gekommen war. Dem ehemaligen Chefarzt wird vorgeworfen, unter dem Vorwand wissenschaftlicher Untersuchungen zwölf Frauen betäubt und dann missbraucht zu haben. Er bestreitet das.

Die Verteidigung nannte die Forderung des Staatsanwaltes nach der Höchststrafe einen Akt "purer Rache". Es gehe um die "Vernichtung" des Angeklagten, nicht um dessen Resozialisierung. Die Verteidigung sieht keinen sexuellen Bezug in den Taten und erkennt allenfalls die fehlende Aufklärung der Patientinnen und Klinik-Mitarbeiterinnen vor den Untersuchungen als problematisch an. Auch der Angeklagte selbst erklärte, es sei ihm nicht um sexuelle Befriedigung gegangen.

Die Verteidigung warf der Staatsanwaltschaft, aber auch der Stadt Bamberg, die Trägerin des betroffenen Klinikums ist, eine "staatlich veranlasste Vorurteils-Produktion" vor. Große Teile des Prozesses liefen unter Ausschluss der Öffentlichkeit, auch die Plädoyers. Ein Gerichtssprecher informierte über die grundlegenden Argumente. Das Urteil soll am 17. Oktober fallen.

© SZ vom 06.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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