Australien:"Die fressen eigentlich alles, was sie überwältigen können"

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Frisst alles, was es überwältigen kann: ein Krokodil in Australien. (Foto: Rob Griffith/Associated Press)
  • In Australien hat sich die Krokodilpopulation aufgrund von Tierschutzmaßnahmen gut entwickelt.
  • Das führt allerdings zu vermehrten Attacken auf Menschen.
  • Trotz des Tierschutzes töten die australischen Behörden nach solchen Attacken das vermeintlich verantwortliche Tier auf Verdacht.

Von Tim Niendorf

Gnade kannten sie nicht, nicht für den Tod dieses Anglers: Australische Ranger haben ein vier Meter großes Krokodil aufgespürt, gefangen und eingeschläfert. Es hatte vergangene Woche einen 35 Jahre alten Mann attackiert und getötet. Polizei und Wildhüter suchten es tagelang. Erfolgreich, wie sie versichern. "Seinem Verhalten, seiner Größe und seinem Lebensraum nach zu urteilen, sind wir zuversichtlich, dass es das gesuchte Tier ist", sagte Matt Brien vom Ministerium für Umwelt und natürliche Ressourcen von Queensland.

"Zuversichtlich" ist ein vages Wort. So ganz sicher war sich Matt Brien offensichtlich nicht. Einem Krokodil sieht man eine Attacke ja nicht an, sagt auch Alexander Meurer am Telefon. Er ist Leiter der "Arbeitsgemeinschaft Krokodil in der Deutschen Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde in Mannheim. Er sagt, das gehe erst, wenn dem Krokodil der Magen aufgeschlitzt werde und sich Menschen-Spuren finden ließen. In der Regel würden alle in Verdacht kommenden Tiere aufgesucht und getötet. Strafe auf Verdacht also.

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Der junge Mann hat mit seiner Familie im australischen Northern Territory wohl zu nah am Fluss gecampt.

Meurer selbst war schon öfter im australischen Bundesstaat Queensland. Nicht nur der unauffindbare Angler, auch ein 18 Jahre alter Teenager wurden hier gerade attackiert. Lee De Paauw war am Sonntag betrunken in den Johnstone River gesprungen, in dem es vor Krokodilen nur so wimmelte. Eine lebensbedrohlichen Aktion. Er wollte einer britischen Rucksacktouristin imponieren. Der Teenager hatte Glück und überlebte. Mit schweren Bisswunden liegt er nun im Krankenhaus. Krokodile? Das habe er nicht ahnen können, sagte der 18-Jährige den Medien.

Die australischen Behörden sind nun auch auf der Suche nach dem De-Paauw-Krokodil. Ist es pure Rache, was die Ranger da antreibt? "Jein", sagt Meurer. Ein wenig schon: Denn sobald ein Tier erledigt ist, könne man der Bevölkerung vermitteln, dass hier dem Opfer Genüge getan wurde. Eine Symbolhandlung also. Doch nicht nur. Krokodile sind in der Lage zu lernen. "Töten sie einmal, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit einer weiteren Attacke", sagt Meurer. "Dann hat es die Furcht vor dem Menschen verloren." Dann merken sie, wie leicht sie an diese Art Beute gelangen können. "Die fressen eigentlich alles, was sie überwältigen können."

"There are crocodiles in these waters - Don't go swimming!"

Ein gefräßiges Krokodil kann natürlich zum Problem werden. Weltweit sieht es um die Population der Krokodile zwar nicht so gut aus. In Australien hat sie sich hingegen gut entwickelt, dank Tierschutzmaßnahmen seit den 1970er Jahren. Gerade das australische Salzwasserkrokodil hat profitiert. Was jedoch zu vermehrten Attacken führen kann. Auch in Queensland stehen Krokodile seit 1971 unter Schutz. Schon gibt es Forderungen, die Jagd wieder aufzunehmen.

In den Augen von Experte Meurer ist das Unsinn. Die Gründe für die vermehrten Attacken lägen beim Menschen. Dieser handele aus Unwissenheit oder einem falschen Gefühl der Sicherheit. Nach dem Motto: "Ach, da passiert schon nichts." Doch häufig genug passiert es dann eben doch. In bestimmten Gegenden sollte man zu Gewässern mindestens einen Abstand von fünf Metern halten: Auch wenn es noch so heiß sein mag und weit und breit kein Krokodil in Sicht ist. Denn diese können sich erstaunlich gut tarnen. "Wenn das Wasser nur 30 Zentimeter tief ist, dann wissen Sie nicht, dass da ein Drei-Meter-Krokodil vor Ihnen liegt," sagt Meurer.

Wer in Queensland herumläuft, kann auch nicht behaupten, nicht gewarnt worden zu sein. Laut Medienberichten stehen überall Warnschilder. "There are crocodiles in these waters", heißt es da. "Don't go swimming!". Die Britin, die der australische Teenager beeindrucken wollte, war von dem Wagemut überhaupt nicht begeistert. "Ich müsste schon ziemlich bescheuert sein, um mich von so etwas beeindrucken zu lassen", sagte sie dem Sender Channel Seven.

© SZ vom 23.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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