Weltjugendtag in Madrid:Tausende Spanier demonstrieren gegen Papst-Besuch

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Wütender Empfang für die Pilger des Weltjugendtages in Madrid: Tausende Spanier protestieren gegen den Papst-Besuch und liefern sich Auseinandersetzungen mit der Polizei. Sie kritisieren, dass trotz der Wirtschaftskrise im Land Steuergelder für die Veranstaltung ausgegeben würden. Die Anschlagspläne eines Chemiestudenten auf die Papstgegner konnten die Sicherheitskräfte vereiteln.

Wenn man in ihre Gesichter blickte, sah man Unverständnis, aber auch Angst, Entsetzen. Die Pilger, die gestern über die Puerta del Sol, den zentralen Platz in Spaniens Hauptstadt Madrid, gingen, sahen sich mit einer aufgebrachten Menge konfrontiert.

Spießrutenlauf für die Pilger auf der Puerta del Sol in Madrid: Sie laufen durch eine aufgebrachte Menge, die gegen den Weltjugendtag demonstriert. (Foto: REUTERS)

Tausende Spanier demonstrierten dort gegen den bevorstehenden Besuch von Papst Benedikt XVI. und für einen laizistischen Staat. Sie protestierten dagegen, dass trotz der Wirtschaftskrise Steuergelder für die vier Tage dauernden Feierlichkeiten während des Papst-Aufenthalts am Rande des Weltjugendtags ausgegeben würden. Die Menschenmenge marschierte durch die Altstadt mit Plakaten, auf denen zu lesen stand: "Keine Steuergelder für den Papst". In Zeiten der Krise sollte ein solches Ereignis nicht so wuchtig und spektakulär gestaltet sein, sagte Raquel Mallavibarrena von der Organisation Redes Cristianas. Es kam auch zu Auseinandersetzungen mit der Polizei. Über Verletzte wurde zunächst nichts bekannt.

Die Veranstalter des Weltjugendtags bestreiten, dass Steuergelder für die Veranstaltung ausgegeben werden. Nach ihren Angaben wurden die 50 Millionen Euro, die das Glaubensfest kostet, von den Teilnehmern selbst sowie mit Hilfe von Spendern aufgebracht. Die spanische Regierung erklärte, Spanien gewinne bei dem Papstbesuch mehr, als es dafür ausgebe.

Die wirtschaftliche Erholung verläuft in Spanien nur schleppend, die Arbeitslosigkeit ist mit einer Quote von 21,3 Prozent so hoch wie in keinem anderen EU-Land.

Derzeit feiern vor allem Jugendliche den Weltjugendtag in dem krisengeschüttelten Land. Das Oberhaupt der katholischen Kirche soll am Donnerstag eintreffen. Der Pontifex weilt bis Sonntag in der spanischen Hauptstadt, wo er an verschiedenen Veranstaltungen des Glaubensfestes teilnimmt. Höhepunkt wird eine große Messe unter freiem Himmel auf dem ältesten Madrider Flugplatz Cuatro Vientos am Sonntag sein. Bereits am Samstagabend wird das 84-jährige katholische Kirchenoberhaupt dort eine Gebetswache zelebrieren. In Madrid will der Papst zudem die spanischen Kardinäle und Bischöfe sowie Vertreter der Königsfamilie treffen.

Giftgas-Anschlag auf die Papstgegner geplant

Zuvor war bekannt geworden, dass ein Chemiestudent einen Giftgas-Anschlag auf die Kundgebung der Papstgegner geplant hatte. Der 24-jährige Mexikaner wurde am Dienstag festgenommen. Die Madrider Polizei ließ allerdings offen, wie konkret seine Attentatspläne waren.

Der Verdächtige lebt mit einem Studentenvisum in Spanien, wie am Mittwoch aus Justizkreisen verlautete. Er sei als Freiwilliger für den Weltjugendtag tätig gewesen und werde am Donnerstag einem Richter vorgeführt. Nach Angaben der mexikanischen Botschaft bleibt der 24-Jährige vorerst in Madrid in Gewahrsam.

Die Polizei der spanischen Hauptstadt beschlagnahmte nach eigenen Angaben bei dem Chemiestudenten Aufzeichnungen zu Chemikalien, die jedoch nichts mit seinem Studium zu tun hätten. Angaben über womöglich beschlagnahmte Chemikalien machte die Polizei indes nicht.

Der Zeitung El País zufolge hatte die Polizei keine Beweise dafür, dass er den Anschlag tatsächlich hätte ausführen können, wollte aber jedes Risiko eines Vorfalls ausschließen. Demnach kam die Polizei dem als extremistischer Katholik geltenden Mann nach Hinweisen von Internetnutzern auf die Spur, die in Internetforen Beiträge des Mannes gefunden hatten, in denen dieser Angriffe auf den Papst als inakzeptabel bezeichnete.

Die Ermittler sahen nach Medienberichten vom Mittwoch darin eine Parallele zum Fall des norwegischen Attentäters Anders Behring Breivik, der am 22. Juli bei einem Bombenanschlag in Olso und einem Massaker auf der Ferieninsel Utøya 77 Menschen getötet hatte.

Der Weltjugendtag findet alle zwei bis drei Jahre in einem anderen Land statt und gilt als größte internationale Zusammenkunft der katholischen Kirche. Die diesjährige Auflage in Madrid hatte am Dienstag begonnen. Bis Sonntag werden mehr als eine Million Teilnehmer erwartet, etwa 20.000 davon aus Deutschland. Papst Benedikts Vorgänger Johannes Paul II. hatte die Weltjugendtage 1984 ins Leben gerufen. Nach Köln 2005 und Sydney 2008 handelt es sich bereits um den dritten Weltjugendtag, an dem Papst Benedikt XVI. teilnimmt.

© sueddeutsche.de/Reuters/dpa/segi - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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