Zamdorf/Daglfing:Vorübergehend abgehängt

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Seit die Trambahn vom Max-Weber-Platz zur S-Bahnstation Berg am Laim rollt, hat sich die Nahverkehrsanbindung für Steinhausen und den Zamilapark massiv verschlechtert. Die Stadt prüft eine Erweiterung der Linie

Von Ulrike Steinbacher, Zamdorf/Daglfing

"Rasch" hatte Kevin Golde gesagt, "rasch" solle die Trambahn von Zamdorf nach Daglfing verlängert werden, über die heutige Endstation "Berg am Laim Bahnhof" hinaus. Denn sie werde nicht erst benötigt, wenn im Zuge der städtischen Entwicklungsmaßnahme (SEM) Nordost zwischen Daglfing und Johanneskirchen ein neues Stadtviertel für 10 000 bis 30 000 Bewohner entsteht. Vielmehr sei die Nachfrage schon heute groß. Die Bürgerversammlung Bogenhausen sah das genauso und stellte sich mit deutlicher Mehrheit hinter den Antrag. Das war im Oktober 2017, vor zwei Jahren also. Seitdem hat Kevin Golde von der Stadt nichts mehr gehört. "Die Wortwahl ,rasch' scheint die Münchner Verkehrsgesellschaft dann wohl überlesen zu haben" resümiert der Bogenhauser mit sanfter Ironie. Hinter den Kulissen aber hat sich inzwischen offenbar etwas getan: Die Tram-Verlängerung wird jetzt zumindest untersucht. Laut Planungsreferat soll der Stadtrat dazu im Januar 2020 den Auftrag erteilen.

Begonnen hatte alles mit verärgerten Fahrgästen, vielen verärgerten Fahrgästen: Als die Straßenbahn vom Max-Weber-Platz durch Steinhausen nach Zamdorf im Dezember 2016 in Betrieb ging - damals als Linie 25 -, knüpfte die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) das Busnetz neu und richtete es auf die Endhaltestelle der Tram "Berg am Laim Bahnhof" aus. Für Bewohner der Siedlung Steinhausen und des Zamilaparks verschlechterte sich damit die Nahverkehrsanbindung massiv. Statt direkt mit dem Bus zum Max-Weber-Platz und der U-Bahn wurden sie erst einmal stadtauswärts zu Tram und S-Bahn kutschiert, für manche ein Umweg von einer halben Stunde. Im Mai 2017 machten die Abgehängten ihrem Ärger bei einer Sitzung der Lokalpolitiker im Unterausschuss Verkehr Luft, manche drohten sogar mit einer Blockade der Eggenfeldener Straße. Zweieinhalb Monate später steuerte die MVG erstmals um und gab bekannt, dass aus der Tram 25 nach Grünwald die Tram 22 durch die Innenstadt zur Maxvorstadt wird und dass der Fahrplan der Busse 190 und 191 geändert wird, damit das Umsteigen in Zamdorf besser klappt.

Die direkte Busverbindung zum Max-Weber-Platz auf der Nordseite der Autobahn 94 für die Denninger und Zamdorfer gab es damit aber immer noch nicht. Die versprach die MVG dann im Oktober 2017 bei der Bürgerversammlung. Seit Juni 2018 verbindet der Bus 149 werktags im 20-Minuten-Takt Zamilapark und Ostbahnhof, zu Fuß lässt sich von der Haltestelle Kirchenstraße die U-Bahn am Max-Weber-Platz erreichen. Die Linie ist gut ausgelastet, die Kosten trägt allerdings nicht die MVG, denn sie unterhält keine Linien, die parallel zu einander fahren und sich gegenseitig Fahrgäste wegnehmen könnten. Stattdessen springt die Stadt ein.

Dieser Kompromiss legte den Zamdorfer Busstreit bei, ist aber nicht ganz billig: Mehr als 500 000 Euro koste die Verbindung im Jahr, sagt Kevin Golde. Der 24-jährige Geografie-Student aus dem Zamilapark wurde im Zuge des Busstreits zum Nahverkehrsexperten. Der Stadtrat, so Goldes Überlegung, könnte sich das Geld sparen, wenn die Tram - heute verbindet die Linie 19 Pasing und Berg am Laim - Richtung Daglfing verlängert würde. Nach seiner Vorstellung könnte die Straßenbahn von der Endhaltestelle in Zamdorf auf der Hultschiner Straße durch die Autobahnunterführung rollen, an der Eggenfeldener Straße rechts abbiegen und erst einmal bis zur Süskindstraße fahren. In einem zweiten Schritt hält er Verlängerungen bis zum Gewerbegebiet am Hüllgraben auf der einen und zum Daglfinger Bahnhof auf der anderen Seite für denkbar. Allein schon mit den Fahrgästen aus dem geplanten Wohnquartier an der Eggenfeldener Straße lasse sich die verlängerte Trambahnlinie auslasten, sagte Golde 2017 bei der Bürgerversammlung. Tram statt Bus - so könne die kostspielige "Fehlplanung der MVG" aufgehoben werden.

Endhaltestelle "Berg am Laim Bahnhof": Seit der Ausrichtung auf diese Station fühlen sich Nachbarn in Steinhausen und dem Zamilapark viel schlechter ans öffentliche Verkehrsnetz angebunden. Sie fordern eine Verlängerung der Tramlinie nach Daglfing. (Foto: Stephan Rumpf)

"Die Verlängerung ist nach wie vor eine Option, soweit sie verkehrlich sinnvoll ist", erklärt dazu Matthias Korte, der MVG-Pressereferent der Stadtwerke München. Der Schienenkorridor dafür solle untersucht werden. Die Verlängerung werde "im Rahmen des Infrastrukturteils des Nahverkehrsplans" geprüft, bestätigt Thorsten Vogel von der Pressestelle des Planungsreferats. Den Auftrag dazu solle der Stadtrat der Verwaltung nach derzeitiger Planung im Januar erteilen.

Kevin Golde ist der Meinung, dass das alles schneller gehen könnte. "Der gesamte betroffene Stadtteil fordert die Tram, bereits damit ist sie verkehrlich sinnvoll", sagt er. Außerdem "macht die MVG mit dem aktuellen Busnetz Miese". Goldes Fazit: "Durchdacht und verkehrlich sinnvoll ist die Linie 149 also im Gegensatz zur Tramerweiterung nicht."

© SZ vom 09.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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