Zukunft der Loisachstadt:Mission Miteinander

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Ein Jahr nach seinem Amtsantritt zieht der Wolfratshauser Stadtmanager Stefan Werner eine positive Bilanz. Die Ich-Perspektive vermeidet er jedoch. Sein Credo: "Nur gemeinsam kann man gestalten"

Von Konstantin Kaip, Wolfratshausen

Stadtmanager Stefan Werner vor seinem Arbeitsplatz. (Foto: Hartmut Pöstges)

Den Blick auf die Loisach hat Stefan Werner anderen überlassen. Im sogenannten Boodevaar-Turm, wo der Wolfratshauser Stadtmanager mit seiner Stabsstelle für Stadt- und Veranstaltungsmanagement, Wirtschaft und Touristik seit Dezember des vergangenen Jahres residiert, gibt es im ersten Stock ein großzügiges helles Zimmer auf der Uferseite. Das aber teilen sich Tourismusmanagerin Gisela Gleißl, Werners Assistentin Laura Schniotalle und derzeit die neue Social-Media-Praktikantin Karolin Wolf. Werner sitzt in einem kleineren Büro gegenüber, mit Blick auf den Parkplatz des Heimatmuseums.

Ein Jahr ist der 38-Jährige nun im Amt, das er im Februar 2018 unter großen Erwartungen antrat. Die Frage, ob er inzwischen nicht nur sein Büro im Herzen der Altstadt, sondern auch seine Position im Gefüge der Verwaltung gefunden hat, beantwortet er mit einem deutlichen Ja. "Ich bin voll hier angekommen", sagt er.

Sein Gesicht, das für seine Position zuweilen erstaunlich jugendlich wirkt, kennt man inzwischen gut in der Loisachstadt Wolfratshausen. Werner nimmt an Stadtrats- und Ausschusssitzungen teil, trifft sich regelmäßig mit Gewerbetreibenden und der Lenkungsgruppe Stadtmanagement und war auf allen Veranstaltungen zur Bürgerbeteiligung für die Aufwertung der Altstadt, die er maßgeblich angestoßen hat. Auch die Gastronomen kennen ihn: Mit der Kulturmanagerin Marion Klement, die sich mit ihrer Assistentin Marlene Schretzenmaier übrigens ebenfalls ein Büro mit Loisach-Blick im zweiten Obergeschoss des Boodevaar-Turms teilt, hat er im vergangenen Herbst das Wolfratshauser Wirtefest organisiert. Und auch den großen Unternehmen der Stadt hat er bereits Besuche abgestattet.

Aus seinem ersten Amtsjahr zieht Werner eine positive Bilanz - wenn auch nicht in der ersten Person: "Wir haben in diesem Jahr viel angestoßen", sagt er. Es gibt regelmäßige Gewerbetreffen, aus denen Stadtkarte und Gutscheinbuch hervorgegangen sind, die in diesem Jahr in die zweite Auflage gehen sollen. Auch den Pop-up-Store in der ehemaligen Sparkassen-Filiale am Untermarkt, der nun in die Verlängerung gehen soll, hat Werner mitermöglicht. Er führt unter anderem auch noch die Stadtrundgänge an, seine regelmäßigen Berichte im Amtsblatt "Wolfratshausen aktuell" und das Informationsportal zur Stadtentwicklung, das in Zusammenarbeit mit der Technischen Hochschule Deggendorf entstanden ist.

Der Stadtmanager versteht seine Stelle als Bindeglied. Er wolle Akteure zusammenführen und auf "ein gemeinsames Ziel einschwören", sagt er. Das "Wir" sei daher essenziell in seiner Arbeit. "Mein Credo lautet: Nur gemeinsam kann man gestalten." Das passt zur Bürgerbeteiligung für die Umgestaltung der Marktstraße, die im April dieses Jahres zu einem Ergebnis führen soll. "Ein wichtiger Schritt, um die Bedürfnisse der Bürger mitzudenken und alle mitzunehmen", sagt Werner, der über integrierte Stadtentwicklung und Städtebauförderung promoviert hat. Der 38-Jährige, der auch vier Jahre lang chinesische Städte und zuletzt freiberuflich in München Kommunen in Sachen Stadtentwicklung beraten hat, ist fachlich ein Experte. Das aber macht es auch schwer, ihm pointierte Aussagen zu entlocken. Werner bleibt lieber im abstrakten Fachjargon und spricht von "Prozessen" und einer "Dynamik", die sie freisetzen sollen.

Die oft heterogenen Interessen der Wolfratshauser Stadtgesellschaft unter einen Hut zu bringen, das ist nicht immer eine leichte Aufgabe. Werner aber lässt sich nicht zu Klagen hinreißen. "Ich bin ein sehr optimistischer Mensch", sagt er. "Ich stelle positive Dinge in den Vordergrund." Zwar gebe es "durchaus berechtigte Befindlichkeiten", die sich manchmal konträr gegenüberstünden, fügt er diplomatisch an. Die Herausforderung aber sei es, "den gemeinsamen Blick in die Zukunft zu richten: Was können wir tun."

Um die Standortmarketingstrategie für die Stadt zu erläutern, nutzt er ein Schaubild mit drei Zahnrädern, die ineinandergreifen. "Investition in städtebauliche Aufenthaltsqualität" steht auf dem größten der Zahnräder, das zwei weitere antreibt: "Vielfalt von Angeboten, Funktionen und Nutzungen" und "Profilierung und Vitalisierung". Sprich: Wenn Marktstraße und Loisachufer attraktiver werden, kann das neue Geschäfte in die Altstadt bringen, und Wolfratshausen kann sein Profil als Einkaufs-und Erlebnisstadt schärfen. Auf Werners Schaubildern dreht das Stadtmanagement in vier zentralen Handlungsfeldern (Stadtentwicklung, Marketing, Gewerbe und Kommunikation) an allen Zahnrädern. "Je weiter wir kommen, desto mehr greift dieses Getriebe", erklärt er.

Zufrieden mit Werners Arbeit: Klaus Heilinglechner.

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(Foto: Hartmut Pöstges)

Marion Klement (l.) und Marlene Schretzenmaier.

In diesem Jahr steht nach Abschluss der Bürgerbeteiligung im Frühjahr ein gemeinsames "Dachmarkenkonzept" für Wolfratshausen auf Werners Agenda. Herauskommen soll ein "griffiges Profil, in dem sich möglichst viele wiederfinden", sagt der Stadtmanager. Bereits bestehende Attribute wie "Flößerstadt" sollen mit der in den Broschüren formulierten Koppelung von Einkaufen und Erleben und den geografischen und historischen Qualitäten der Stadt zu einer Dachmarke werden - in einem Prozess, den ein externes Büro begleitetet. Das so entstehende Konzept soll dann künftig als Grundlage für die Vermarktung dienen, nach außen und bei privat-öffentlicher Zusammenarbeit.

"Es geht um die Frage: Was wollen wir als Wolfratshausen in Zukunft verkörpern", sagt Werner. Um das zu klären, soll es wie bei der Bürgerbeteiligung zur Altstadtaufwertung eine offene Befragung geben, deren Ergebnis dann in den Auftrag mit einfließt - ebenso wie der 2003 mit der Beratungsfirma Cima erstellte Maßnahmenkatalog zum Stadtmarketing. Ziel ist ein prägnantes Profil, das "so konkret wie möglich, mit klaren Slogans" ausformuliert werden soll. "Das hilft nicht nur, nach außen etwas zu vermitteln", sagt Werner, "sondern auch, nach innen unsere Entscheidungen zu begründen."

Eine solche Dachmarke für Wolfratshausen als Einkaufs- und Erlebnisstadt im Grünen kann laut Werner die Dynamik einer positiven Stadtentwicklung verstärken. Glaubwürdig ist sie aber nur, wenn auch eine gewisse Dynamik in der Kommune spürbar ist. Dabei helfen dem Stadtmanager einige Entscheidungen, die in seinem ersten Jahr außerhalb seiner Stabsstelle gefallen sind: unter anderem die Baugenehmigung für den Neubau anstelle des ehemaligen Isar-Kaufhauses und der Stadtratsbeschluss zur Sanierung des Untermarkts 10. Die städtische Wohnungsbaugesellschaft Stäwo, die damit beauftragt wurde, ist derzeit noch in Abstimmung mit den Denkmalschutzbehörden. Dass sie Projekte zügig umsetzen kann, zeigen die 52 geförderten Wohnungen, die derzeit in Waldram entstehen. Werner stellt fest, dass in Wolfratshausen "einiges auf den Weg gebracht wurde". Für ihn als Stadtmanager sei es "ein besonders spannender Moment", sagt er. Seine Stelle sei "auf jeden Fall rechtzeitig geschaffen" worden.

Werners Vertrag läuft noch bis Januar 2020. Bürgermeister Klaus Heilinglechner (BVW) hat kürzlich schon angedeutet, dass er ihn gerne vorzeitig verlängern würde, weil er mit der Arbeit des Stadtmanagers "sehr zufrieden" sei. Ähnliches hört man auch von Vereinen wie "Lebendige Altstadt Wolfratshausen" (LAW) und dem Werbekreis. Auch Werner, der mit seiner Frau und drei Kindern in Schäftlarn lebt, würde gerne länger in Wolfratshausen bleiben. "Mir macht die Arbeit Spaß", sagt er. "Und ich würde mich freuen, wenn wir sie weiterführen könnten." Da ist es wieder, das "Wir". Fragt man ihn, was er sich von den Wolfratshausern wünscht, dann sagt er: "Vertrauen in die Zukunft. Und dass wir uns gegenseitig unterstützen, gemeinsame Ziele zu formulieren und umzusetzen." Das Miteinander ist Werners Mission, und es gibt kaum einen Satz von ihm, in dem das nicht mitklingt.

© SZ vom 02.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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