Zu wenige Nistplätze in den Gärten:Kaum Nahrung für den Spatz

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Bürger zählen immer weniger Vögel - dafür viele Katzen

Von Franziska Ulrich, Wolfratshausen

Wer in Wolfratshausen im Rathauscafé Streicher im Freien einen Kaffee trinkt und ein Stück Kuchen isst, der kann schon mal am Tisch Besuch von einem vorwitzigen Spatz bekommen. Denn rund um das Rathaus lebt eine muntere Kolonie. Die Vögel würden immer aufdringlicher und hüpften teilweise tatsächlich auf die Tische, um auch was vom Kuchen abzubekommen, erzählt eine Angestellte des Cafés.

Unter den Dächern des Gebäudekomplexes finden die Sperlinge noch Nistmöglichkeiten, die anderswo schon verloren gegangen sind. In der Umgebung gehen sie auf Nahrungssuche, besonders gerne in Hecken, die ihnen Schutz und Nahrung bieten - oder eben im Café. Die Frage ist, wie lange noch.

Denn anderswo im Landkreis nimmt die Zahl der Spatzen ab und die der meisten anderen Vögel ebenso. Das zeigt das Ergebnis der jüngsten "Stunde der Gartenvögel", bei der Bürger vom 12. bis 14. Mai Vögel gezählt haben. 10 000 Menschen haben sich heuer in Bayern an der Aktion des Landesbunds für Vogelschutz (LBV) beteiligt. Im Landkreis waren es 120 Beobachter.

In 66 Prozent der bayerischen Gärten wurde der Spatz gesehen, er belegt somit den ersten Platz der Rangliste. In München kommt der Spatz erst an fünfter Stelle. Im Landkreis belegt der Spatz nach dem Star den zweiten Platz, er wurde in 76 Prozent der Gärten gesichtet. Doch die Anzahl der Sperlinge geht auch hier zurück. Generell ist die Zahl der meisten beobachteten Vögel deutlich geringer als im Vorjahr. Das liege daran, dass den Vögeln das Futter fehle, erklärt Sabine Tappertzhofen von der Kreisgeschäftsstelle des LBV. Für die Jungenaufzucht bräuchten die Spatzen Insekten, doch es gebe immer weniger. Das liege an der veränderten Landwirtschaft und auch daran, dass Rasen und Wiesen häufiger gemäht werden. Dadurch könnten sich die Insekten nicht mehr vermehren und in den Stängeln der Gräser überwintern. Früher habe es an die 100 Pflanzenarten in einem Garten gegeben, heute seien es oft nur noch sechs bis zehn.

Bei der Erhebung wurden heuer nicht nur Vögel gezählt, sondern auch die Anzahl der Katzen in den Gärten. In den meisten bayerischen Gärten wurde täglich eine Katze gesehen - eine weitere Gefahr für die Vögel. Tappertzhofen rät, sich vor dem Kauf einer Katze zu überlegen, ob es nicht schon genug Katzen in der Gegend gebe.

Die klassische Thujenhecke biete Vögeln weder Nistplätze noch Nahrung, sagt Tappertzhofen. Einheimische Pflanzen wie Holunderbüsche, Heckenrosen und Vogelkirsche eigneten sich besser. Ihre Blüten locken Insekten an. Viele tragen im Herbst Früchte - ebenfalls wichtige Nahrungsquellen. Künstliche Nisthilfen und ein arten- und blütenreicher Garten helfen den Vögeln.

Auf Platz 1 hat es im Landkreis der Star geschafft. Ihm folgen der Haussperling, die Amsel, die in 98 Prozent der beobachteten Gärten auftaucht, aber in kleineren Schwärmen. Die weiteren Plätze belegen Kohlmeise, Blaumeise, Feldsperling, Buchfink, Elster, Rabenkrähe und als letzter in den Top 10, der Buntspecht.

© SZ vom 07.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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