Wolfratshausen:"Wir müssen es schaffen"

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Josef Hingerl diskutiert über die Flüchtlingskrise

Von Claudia Koestler, Wolfratshausen

Auf dem Bergkramerhof, sagt Geschäftsführer Josef Hingerl, sollten Menschen nicht nur über den Golfsport, sondern auch auf einer geistigen Ebene zusammenfinden. Und weil sich Hingerl selbst von Politikern in jüngster Zeit nicht mehr vertreten fühlt und seine Fragen und Ansichten weder in Talkshows noch anderen Medien wiederfindet, hat er eine eigene Gesprächsrunde ins Leben gerufen. Zusammen mit vier Gästen diskutierte der Rechtsanwalt und Geschäftsführer der Golfanlage am Donnerstagabend über die Flüchtlingskrise.

Dabei stand der Tenor des Abends nicht der Aufnahme von Flüchtlingen entgegen, im Gegenteil: "Die Frage ist nur - wie mit allem im Leben - das Wie, nicht nur ja oder nein", befand Hingerl. Über eine Obergrenze im Asylrecht zu diskutieren sei "so sinnlos wie nur was", fügte er an. Das sei - zurecht - im Grundgesetz eisern verankert. Nicht zu verwechseln sei das Asylrecht hingegen mit der allgemeinen Einwanderung. "In den Jahren zwischen 1991 und 2013 sind 22 Millionen Menschen nach Deutschland eingewandert", hat Hingerl nachgelesen. Das zeige, "was unsere Gesellschaft bisher schon verkraftet hat", schlussfolgerte er. Ihn treibe vielmehr die Frage um, inwieweit die westlichen Industrienationen verantwortlich seien für die derzeitige Flüchtlingskrise in Europa, insbesondere die Wanderung Richtung Deutschland und ihre Ursachen Krieg, Armut und Terror. "Wir leben in einer Welt, in der nur noch die Wirtschaft agiert und Politik nurmehr reagiert. Moral gibt es nicht mehr, die menschliche Komponente hat in den Kapitalgesellschaften heute keinen Platz. Ein Korrektiv müsste die Politik sein, ist es aber nicht", sagte Hingerl. Doch könne man "Menschen zwingen, sich anständig zu benehmen?", fragte sich Johann Sonnenbichler.

Einen Teil der Gewinne solcher Konzerne gesetzlich einzufordern, um sie weltweit gegen Armut, Terror und krieg einzusetzen, sei wohl schwer umsetzbar, bedauerten die Anwesenden am Ende des Abends. Konsens herrschte allerdings in einem auf jeden Fall: Alle Anwesenden stehen hinter dem inzwischen geflügelten Wort "wir schaffen das". Mit einer semantischen Variation Hingerls als Schlusssatz: "Wir müssen es schaffen, sonst wird es zappenduster, auch bei uns".

© SZ vom 07.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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