Wolfratshausen:Wenn die Pferde durchgehen

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Zwei Reiterinnen stehen wegen Körperverletzung vor Gericht

Von Barbara Briessmann, Wolfratshausen

Ein Ausritt mit Folgen: Zwei Freundinnen waren am 2. September vergangenen Jahres mit ihren Pferden unterwegs, als eines der Tiere durchging. Das andere rannte hinterher, die Reiterinnen verloren die Kontrolle. Die Pferde liefen quer über die Starnberger Straße in Icking. Ein entgegenkommender Rollerfahrer wollte ausweichen, stürzte dabei und brach sich das Schlüsselbein. Der Mann zeigte die zwei Frauen wegen fahrlässiger Körperverletzung an, weil sie ihre Pferde nicht im Griff gehabt haben sollen. Am Donnerstag wurde der Fall im Amtsgericht Wolfratshausen verhandelt.

Mindestens zehn Mal seien sie auf dieser Strecke schon geritten, sagten die Reiterinnen. Vom Pferdestall in Dorfen führt der Weg durch den Wald, der nur von der Starnberger Straße unterbrochen wird. "Die haben wir überquert und sind dann etwa 50 bis 100 Meter wieder Richtung Dorfen auf der Wiese neben der Fahrbahn geritten", sagte eine der Angeklagten, eine 25-jährige Friseurin, die nicht auf ihrem eigenen Pferd unterwegs war, weil sie es ihrer 20-jährigen Freundin, der zweiten Angeklagten im Prozess, überlassen hatte. Anschließend wollten die Reiterinnen wieder nach rechts in den Wald einbiegen, um nach Münsing zu kommen.

In diesem Moment, gegen 18.20 Uhr, fuhr ein Hausmeister aus Berg mit seinem grünen Roller auf der Starnberger Straße von Dorfen in Richtung Höhenrain. "Ich habe die Mädel mit den Rössern in der Entfernung gesehen", sagte der 63-Jährige im Zeugenstand. Sie seien hintereinander neben der Straße hergeritten. "Plötzlich sind die Pferde durchgegangen." "Sekundenschnell" sei das gegangen, sagten die Frauen. Die Pferde rannten auf die Fahrbahn, der Hausmeister riss den Lenker nach rechts um auszuweichen. "Dann habe ich mich überschlagen." Der Roller blieb auf der Straße liegen, er selbst in der Wiese.

Warum ihr Pferd durchgegangen sei, könne sie sich nicht erklären, sagte die Friseurin. Vielleicht habe ein Stapel von Baumstämmen am Straßenrand das Tier irritiert. Es sei plötzlich losgaloppiert, vorbei an der Freundin, die vor ihr ritt. "Plötzlich hat sie mich auf ihrem Pferd überholt", sagte diese, daraufhin sei auch das ihre losgeprescht. Die Pferde überquerten die Starnberger Straße. Den Unfall mit dem Rollerfahrer hätten sie nicht vermeiden können, sagten die Frauen vor Gericht. "Es ging so schnell, so schnell kann man gar nicht reagieren." Als das Pferd der Friseurin über einen Weidezaun springen wollte, wurde die Reiterin abgeworfen. "Die Freundin konnte kurz vor dem Zaun abdrehen, ihr Pferd zum Stehen bringen", erinnert sich die Abiturientin. In der Zwischenzeit war ihre Freundin wieder auf den Beinen, lief zu dem verletzten Hausmeister, leistete erste Hilfe und verständigte den Rettungsdienst. Sie selbst sei mit ihrem Pferd zurück zum Stall geritten, damit es wegen der Notarzt-Sirene nicht durchdrehe.

Im Klinikum Wolfratshausen wurde bei dem Unfallopfer eine Schlüsselbeinfraktur diagnostiziert und operiert. Seine Behandlung sei noch nicht abgeschlossen, wie er aussagte und wie es Atteste belegen. "In sechs Wochen kommt das Metall raus, dann dauert's noch so zwei Wochen, bis alles verheilt ist", erklärte er. Der Schaden an seinem Roller sei bereits von der Versicherung der 25-jährigen Angeklagten bezahlt worden. Ein weiterer Zeuge sollte in dem Prozess von dem Unfall berichten, den er von seinem Auto aus beobachtet hatte, aber der Mann erschien nicht vor Gericht.

Zu einer Einstellung des Verfahrens kam es am Donnerstag nicht, weil die Staatsanwältin als Auflage für die Friseurin 600 Euro forderte. Die alleinerziehende Mutter verdient in Teilzeit allerdings nur wenige hundert Euro, dazu kommen Unterhalt für die Tochter, Kindergeld und Leistungen vom Jobcenter. Davon geht die Miete ab. Der geforderte Betrag war dem Richter zu hoch. Am 21. März wird der Prozess fortgesetzt, dabei wird der Zeuge gehört, der am Donnerstag nicht zur Verhandlung erschien. Dann wird entschieden, ob die Reiterinen den Unfall hätten verhindern können.

© SZ vom 03.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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