Wolfratshausen:Tod und Schnitter

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Stimmige Figuren: Krimi-Autor Georg Unterholzner. (Foto: Hartmut Pöstges)

Georg Unterholzner und das Trio "d'Housemusi" beim Flussfestival

Von Matthias Köpf, Wolfratshausen

Der Tatort liegt drüben auf der anderen Seite der Loisach, hundert Meter entfernt oder vielleicht auch zweihundert, je nachdem in welchem Bräu in im Wolfratshauser Markt diesem Eilmann jetzt genau durch den Hals geschossen worden ist. Herüben an der alten Floßlände wabert ein bisschen grusliger Kunstnebel durch die Lichtkegel, und derart von hinten angestrahlt könnte Georg Unterholzner glatt selber dieser Schnitter sein in seinem weiten schwarzen Anzug und mit den weißgrau leuchtenden Haaren. "Der Schnitter" ist aber nicht der Tod in Person, auch wenn in dem "Krusical", das Unterholzner zusammen mit dem Trio d'Housemusi aus seinem fünften Heimatkrimi gemacht hat, eine allegorische Justiz auftritt und jede Menge anderes, in eher landläufigem Sinn barockes Personal. Aber der Tod bleibt eben nie weit weg, denn dieser Ludwig Schnitter ist einer, der damals im Krieg viele junge Russen niedermähen hat müssen und der die Albträume tagsüber beim Bräu mit Bier und Schnaps bekämpft, bis wieder einer stirbt.

Das im Oktober im Geltinger Hinterhalt uraufgeführte Krusical fragt nach vermeintlicher Pflicht und echter Schuld, nach niederer und höherer Gerechtigkeit, und ist als Gattung eine Kreuzung aus Krimi und Musik. Der Ascholdinger Autor und hauptberufliche Tölzer Amtstierarzt Unterholzer und d'Housemusi mit Sepp Müller am Schlagzeug, Martin Regnat an Gitarre und diatonischer Ziehharmonika und Toni Fischer an der Elektro-Zither böten jeder für sich schon viel Lokalkolorit. Alle zusammen machen sie beim zweiten Flussfestival auf der schwimmenden Loisachbühne aus dem regnerisch-kühlen Abend ein Wolfratshauser Ereignis, an dem gut 200 Gäste teilhaben wollen. Die Stadt und ihre Bewohner haben selber einiges Unterhaltungspotenzial, und der lebenslange Wolfratshausen-Kenner Unterholzner schnitzt daraus in seiner in den Achtzigerjahren angesiedelten Geschichte Typen und Szenen, die zwar konsequent klischeehaft sind, aber gerade deswegen schon wieder stimmig. Die meisten Figuren gehen ihm satt von der Zunge, auch der Wiener Kompagnon des erschossenen Kölner Zuhälters Eilmann. Nur die Gabi, die den beiden ausgekommen ist und seither in Wolfratshausen Erica heißt und von der Männerwelt im Bräu als "ein sauberes Mensch" angeschaut wird, steht Unterholzner stimmlich natürlich weniger, und ihr Sohn Chico ist ein Punk, wie man ihn sich wahrscheinlich nur in Orten wie Wolfratshausen ausmalt. Für die deftigsten Sprüche gibt es Szenenapplaus, und für die Housemusi mit ihren in die Schräglage gezitherten Liedern, Schlagern, Punk-Nummern und der elektrifizierten Volksmusik sowieso. Am Ende gibt es einen Täter und berechtigten Beifall.

© SZ vom 10.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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