Wolfratshausen:"Sie sind der Stolz unserer Stadt"

Lesezeit: 2 min

Sybille Krafft spricht mit dem Föhrenwald-Zeitzeugen Chaim Bukszpan (hinten die Schüler Laurin Mader und Quirin Heene). (Foto: Hartmut Pöstges)

Wolfratshausens Zweiter Bürgermeister Fritz Schnaller würdigt die Leistung der Bürger fürs Badehaus Waldram-Föhrenwald

Von Felicitas Amler, Wolfratshausen

Es war ein Abend der großen Zahlen und der großen Worte. Der Verein Bürger fürs Badehaus Waldram-Föhrenwald hat auf der Mitgliederversammlung am Donnerstag im evangelischen Gemeindehaus Waldram eine stolze Leistungsbilanz vorgelegt. Darunter sind die herausragenden Posten 2800 ehrenamtlich geleistete Stunden Arbeit und das Auftreiben der nötigen Finanzierung von 1,75 Millionen Euro bei einer Eigenbeteiligung des Vereins von 119 500 Euro. Inzwischen werden die Badehaus-Bürger auch von offiziellen Vertretern der Stadt Wolfratshausen mit warmen Worten gewürdigt. Zweiter Bürgermeister Fritz Schnaller (SPD) sagte als Gast der Versammlung, der Verein habe "im politischen Ranking Triple A erreicht". Seine Lobrede gipfelte in dem Satz: "Sie sind der Stolz unserer Stadt geworden."

Der Verein schafft im historischen Badehaus am heutigen Kolpingplatz eine Dokumentations- und Begegnungsstätte, die an die NS-Rüstungsarbeitersiedlung Föhrenwald, das jüdische Lager für Displaced Persons in der Nachkriegszeit und die Ansiedlung katholischer Heimatvertriebener im dann umbenannten Ort Waldram erinnert. Die Bürger fürs Badehaus haben sich den aktuellen Zuspruch und die Förderung durch die Stadt Wolfratshausen mit einer halben Million Euro seit ihrer Gründung im Herbst 2012 hart erarbeitet. Die Vorsitzende Sybille Krafft sprach von "einem richtigen Antragsmarathon", der zu absolvieren war, um das fehlende Geld aufzubringen. Ihr Stellvertreter Wolfgang Saal belegte mit Zahlen, wie engagiert die Mitglieder am, im und fürs Badehaus tätig sind. Allein im vergangenen Jahr fanden 33 teils ganztägige Sitzungen verschiedener Teams statt, vom Vorstand bis zur Dokumentationsgruppe; heuer sind es schon im ersten Halbjahr 23. Die 25 Ramadama-Helfer haben voriges Jahr 965 Stunden ehrenamtlich gearbeitet und dabei 133 Kubikmeter Wertstoffe oder Abfälle in insgesamt 14 Container befördert. Vom 16-jährigen Schüler bis zum 80-jährigen Rentner legen viele der aktuell 323 Mitglieder mit Hand an. Das Ziel ist es, das Haus bis Ende 2017 fertig zu haben oder, wie Saal scherzte: "Dass wir's vor dem Berliner Flughafen schaffen."

Weder Krafft noch Schnaller verschwiegen, dass es zwischen Stadt und Badehaus-Verein nicht immer reibungslos lief. "Wir haben miteinander so manche Stunde auch gerungen", sagte die Vorsitzende, bevor sie zu einem Dank an Wolfratshausen ausholte. Und der Zweite Bürgermeister erwähnte den Zehn-Punkte-Katalog, den der Stadtrat als Hürde vor seinen Zuschuss gestellt hatte. "Es war mit der Stadt nicht immer leicht", räumte er ein.

Der Badehaus-Verein will nach Kraffts Worten einerseits an alle, die in Föhrenwald "gelebt, gelitten, auch geliebt haben", erinnern. Andererseits sollen möglichst viele junge Menschen für die Auseinandersetzung mit der Geschichte begeistert werden. In der Versammlung geschah beides: Schüler des privaten Günter-Stöhr-Gymnasiums in Icking dokumentierten das Schicksal des aus Krakau stammenden Zeitzeugen Chaim Bukszpan, der nach mehreren Zwangsarbeiter- und Konzentrationslagern nach Israel auswanderte und später als Illegaler zurück nach Deutschland kam, wo er zunächst in Föhrenwald lebte. Der 93-Jährige war zusammen mit seiner Tochter Brigitte am Donnerstag anwesend. Sie versprach dem Badehaus-Verein Fotos aus dem Föhrenwald-Familienalbum für die historische Dokumentation.

© SZ vom 18.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: