Wolfratshausen:Schrankengegner rufen zu Einwänden auf

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Mehr als 300 Besucher kommen zu einer gemeinsamen Informationsveranstaltung der S 7-Kritiker. Sie wollen die Verlängerung der Trasse ganz zu Fall bringen, um Verkehrsprobleme in der Stadt zu verhindern.

Von Matthias Köpf

Viele Wolfratshauser zeigten sich auch bei der Veranstaltung der S7-Kritiker am Donnerstag konsterniert von der Planung. In einem Bürgerentscheid hatten 2010 rund 6000 Bürger ihrer Stadt mit mehr als 80 Prozent der abgegebenen Stimmen aufgetragen, alles gegen die drohende Schrankenlösung zu unternehmen. (Foto: Hartmut Pöstges)

Die Angst vor der umstrittenen Bahnschranke an der Sauerlacher Straße bringt viele Wolfratshauser gegen die geplante S-7-Verlängerung nach Geretsried auf. Mehr als 300 Menschen informierten sich am Donnerstagabend bei einer gemeinsamen Veranstaltung der Bürgerinitiative zur Querung der S-Bahn mit der Sauerlacher Straße (BIQ), der Bürgervereinigung Wolfratshausen sowie der örtlichen CSU und der Grünen über die aktuelle Möglichkeit, Einwände gegen das Projekt vorzubringen.

Die Stimmung unter den Rednern und Fragestellern blieb während der knapp zwei Stunden entschlossen, aber sachlich. Größeres Raunen erntete allenfalls SPD-Mitglied Hans Gärtner, der die Linie seiner Partei verfocht, wonach Wolfratshausen auch mit einer Schranke an der Sauerlacher Straße leben könne und deshalb nicht die gesamte S-7-Verlängerung bekämpfen solle. Genau dazu riefen jedoch die anderen Redner auf - allen voran der BIQ-Vorsitzende und CSU-Stadtrat Alfred Fraas. Im laufenden Planfeststellungsverfahren stehe trotz besserer Alternativen eben nur die eine Frage zur Diskussion, ob die vorliegenden Varianten mit Schrankenlösung gebaut werde oder nicht. Daher rief Fraas dazu auf, die Planung nicht nur in diesem einen Punkt, sondern auch in jeder anderen möglichen Hinsicht mit Einwänden zu kritisieren, um die seit Jahren umstrittenen Schrankenlösung zu verhindern.

Die BIQ hat sich dazu die Dienste des Verwaltungsrechtlers Andreas Lehners gesichert, der zusammen mit zwei Kollegen in Solln eine auf derlei Planverfahren spezialisierte Kanzlei betreibt. Lehners beantwortete die Fragen aus dem Publikum, welche Einwände juristische und inhaltlich vielversprechend und welche Form dafür sinnvoll sei. Er riet praktisch zu jeder Art von Einwand, denn nur was im aktuellen Verfahren bis 27. Februar vorgebracht werden, habe im weiteren Planfeststellungsverfahren und auch später vor Gericht die Chance, überhaupt Gehör zu finden.

Zu solchen möglichen Einwänden zählte Lehners auch die Kritik an der Informationspolitik der Bahn, die sich trotz allseitiger Aufforderungen nach wie vor weigert, die Planunterlagen auch im Internet zu veröffentlichen So sind die Pläne noch bis 13. Februar ausschließlich in den Rathäusern in Wolfratshausen, Geretsried und Königsdorf einsehbar - ein Umstand, der das Demokratieverständnis der Wolfratshauser Grünen-Stadträtin Gaby Reith nach deren eigenen Worten "stark erschüttert", zumal auch der Bund Naturschutz an dem Verfahren nicht im gewohnten Umfang beteiligt werde. Sie lehne auch einen Endbahnhof Geretsried Süd in den als FFH-Gebiet streng geschützten Buckelwiesen ab.

Die übrigen Argumente konzentrierten sich ebenso wie die Trassenvorstellung von Alfred Fraas auf Wolfratshauser Gebiet und da neben der von schwerem Baustellen-Verkehr bedrohten sogenannten Indianersiedlung an der Zugspitzstraße besonders auf die Schranke an der Sauerlacher Straße. Diese werde vielen Wortmeldungen zufolge ständige Staus samt Lärm- und Feinstaubbelastung sowie mehr Autoverkehr auf Alternativrouten wie der Weidacher Hauptstraße bringen.

Besonderen Eindruck machte dabei die Wortmeldung von Wolfgang Tutsch, der die Wolfratshauser BRK-Bereitschaft leitet und eine Statistik der Rettungsleitstelle zitierte, wonach im Jahr 2012 alleine der Rettungsdienst 900 Mal mit Blaulicht über den jetzigen Bahnübergang Richtung Altstadt, Dorfen und Höhenrain gefahren sei. Müssten die Retter an einer geschlossenen Schranke zwei Minuten warten, so verringere dies die Überlebenschancen eines Herzinfarkt-Patienten um 20 Prozent. Die Planer verkauften die Schranke dagegen als Vorteil, weil der Rettungsdienst dann ohne Gegenverkehr an den wartenden Autos vorbeifahren und als erster über die Gleise starten könne, berichtete Fraas und erntete dafür höhnisches Entsetzen.

An den Angaben der Bahn, wonach die Schranke jeweils nur maximal zwei Minuten geschlossen sein werde, regten sich viele, zum Teil auch technisch unterfütterte Zweifel. Für äußerst zweifelhaft halten einige Fragesteller sowie Fraas und Lehners die Nutzen-Kosten-Berechnung des Projekts, deren trotz der billigeren Schrankenlösung denkbar knappes Ergebnis den Bau erst erlaubt. Allerdings sei die Berechnung zugleich schwer angreifbar, weil die Bahn sie nicht als Teil der Planung ansehe und sie demnach auch nicht zugänglich mache, sagte Lehners. Er rief ebenso wie die Vertreter der vier Veranstalter dazu auf, möglichst viele Einwände vorzubringen. Die fünf dazu im Saal aufbauten Computer wollte allerdings kaum jemand nutzen.

© SZ vom 01.02.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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