Wolfratshausen:Mit Choral und Swing

Lesezeit: 2 min

Yoshihisa Kinoshita und die Kinder der Musikschule Wolfratshausen, die nicht nur sangen, sondern auch eine Herbergssuche inszenierten. (Foto: Hartmut Pöstges)

Im Weihnachtskonzert bietet die Musikschule Wolfratshausen alles auf

Von Sabine Näher, Wolfratshausen

Schon als sich der Kinderchor aufstellt, ist die Aufregung mit Händen greifbar. Nein, nicht bei den Kindern. Die lassen sich von Yoshihisa Kinoshitas lässiger Ausstrahlung anstecken und wirken total cool. Sondern bei den stolzen Eltern, die ihre Smartphones zücken und wie wild drauflos fotografieren. Aber genau so soll das sein beim alljährlichen Weihnachtskonzert der Musikschule: Die Kinder präsentieren, was sie übers Jahr erarbeitet haben - und dürfen sich dabei eines absolut voreingenommenen, auf jeden Fall begeisterten Publikums sicher sein. Was im Umkehrschluss aber nicht heißt, dass die jungen Musiker nicht alles geben, um sich von der besten Seite zu zeigen.

Die Eltern sehen und hören, wofür sie Geld - und nicht zuletzt Zeit - investieren. Und die engagierten, einsatzbereiten Musikschullehrer werden wie ihre Schüler vom reichlichen Beifall belohnt. Nur für manches der kleineren Geschwisterkinder werden die gut 90 Minuten Konzert etwas lang. Da sieht man das eine oder andere mit Daumen im Mund in zusammengerollter Einschlafhaltung auf Mamas oder Papas Schoß. Aber auch das gehört dazu - und wirkt heimelig-familiär.

So waren am Donnerstagabend in der gut besuchten Loisachhalle letztlich alle glücklich, als gemeinsam auf der Bühne und im Saal "Es ist ein Ros entsprungen" angestimmt wurde. Zuvor hatte ein abwechslungsreiches Programm Einblick in die breite Palette der Musikschularbeit geboten. Gesetzt bei einem solchen Anlass ist natürlich der Auftritt des Kinderchors unter Leitung von Kinoshita. Die Kleinsten durften zuerst, allerdings nicht bevor sich der umsichtige Chorleiter erkundigt hatte: "Wisst ihr alle, wo im Saal eure Eltern sitzen?" Vielstimmiges "Jaaaaa!" Frage in den Saal: "Und Sie haben alle einen Platz für die Kinder freigehalten?" Gleiche Antwort. Dann darf's losgehen.

Mit Emanuel Schmidt hat Kinoshita in diesem Schuljahr Verstärkung bekommen; die beiden wechseln sich im Klavierspielen und Dirigieren ab. Mit "Nikolo bum, bum" eröffnet ein munteres, mit Füßestampfen und Händeklatschen angereichertes Lied den Reigen. Eventuell doch vorhandene Nervosität kann dabei wunderbar abfließen, ehe es mit "Lieb Nachtigall, wach auf" etwas besinnlicher wird. Dann flutet das Streichorchester der Musikschule unter Josef Vorbuchner die Bühne. Passend zur barocken Literatur nehmen die Geigen und Bratschen stehend Aufstellung. Eine Marcia von Bach, mit Freude ausmusiziert, entfaltet Schwung, eine Sarabande von Praetorius Spannung in aller Getragenheit; der Bauerntanz von Keiser trumpft tänzerisch auf und gibt der souverän agierenden Konzertmeisterin Gelegenheit für kleine Soli.

Das Gemeinschaftsprojekt zwischen Real- und Musikschule, die Bläserklasse, lässt die Frage aufkommen, weshalb es solche Kooperation nicht viel öfter gibt: Eine ganze Klasse musiziert gemeinsam - eine tolle Idee. Die Chorstufe II des Kinderchors führt eine Spielszene auf: Herbergssuche in unserer Zeit. Ein großes Bravo an alle Akteure! Das kann gleich an das Blockflötenquartett (Leitung: Elisabeth Schäfermeyer) weitergereicht werden: Sein Beitrag zum Bayerischen Musikschultag sei sogar vom BR gesendet worden, hat man zuvor erfahren. Zu Recht, wie der souveräne, spannungsvolle Vortrag einer Fuge von Bach und das einen Moment der Andacht beschwörende "Es ist ein Ros entsprungen" beweisen.

Mit FarbTon präsentiert sich ein Ensemble aus fünf Frauen- und drei Männerstimmen, das aus dem Jugendkammerchor hervorgegangen ist. Ein romantischer Reger, ein zupackender Praetorius und eine Swingnummer, die Broadway-Atmosphäre hervorruft, überzeugen allesamt.

Der Kammerchor unter Leitung von Christian Preißler musiziert auf gewohnt hohem Niveau und schafft mit der angemessen innig-schlichten Interpretation des Bach-Chorals "Ich steh an deiner Krippen hier" einen berührenden Moment.

Vielleicht wäre es besser gewesen, die abschließende Darbietung des Saxofon-Ensembles - fünf erwachsene Musikschüler unter Leitung von Markus Maier - vorzuziehen, denn ihr Vortrag des "Entertainers" brach die anrührende Stimmung. Doch zum Schluss sangen alle gemeinsam "Es ist ein Ros entsprungen". Weihnachtsstimmung gerettet.

© SZ vom 17.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: