Wolfratshausen:Letzte Hoffnung Entzugsanstalt

Lesezeit: 2 min

Richter ordnet Unterbringung für drogensüchtigen Straftäter an

Von Benjamin Engel, Wolfratshausen

Eineinhalb Jahre lang hat ein 23-jähriger Mann aus dem Südlandkreis zahlreiche Straftaten begangen und in dieser Zeit wahllos Alkohol, Drogen und Medikamente konsumiert. Dafür verurteilte ihn das Amtsgericht Wolfratshausen am Montag zu einer Haftstrafe. Gleichzeitig ordnete es an, ihn in eine Entzugsklinik einzuweisen. Für den Mann bedeutet dies, dass er zunächst nicht ins Gefängnis muss. Stattdessen holte ihn die Polizei noch im Gerichtsgebäude ab, um ihn in eine geschlossene Therapieeinrichtung zu bringen. Je nach Fortgang könnte die Therapie auf das Strafmaß angerechnet werden.

Schon am ersten Verhandlungstag hatte der Angeklagte die Vorwürfe von Januar 2014 bis Mitte 2015 eingeräumt. So stach er einem anderen mit einem Küchenmesser in den Oberschenkel. Er beschimpfte unter anderem eine Frau äußerst obszön. Er schlug auf seinen Großvater ein und zündete Altpapier an dessen Schuppen an, das der Großvater noch rechtzeitig löschen konnte. Er knackte Autos und klaute.

Der Angeklagte hoffte selbst darauf, in einer geschlossenen Entziehungsanstalt unterkommen zu können. Erst im März war er aus einer Therapieeinrichtung im Landkreis München geflogen, weil er wiederholt gegen das Alkoholverbot verstoßen hatte. Seitdem lebte er auf der Straße oder übernachtete bei Freunden. Wie der Mann erklärte, habe er eingesehen, dass es so nicht weitergehe.

Zur Zeit der Taten rauchte er Marihuana, nahm Ecstasy und Opioide wie das Schmerzmittel Fentanyl. Bereits am vorigen Verhandlungstag erklärte der Gutachter, der Mann leide an Polytoxikomanie. Darunter ist eine Verhaltensstörung durch den Konsum von Drogen zu verstehen. Der Gutachter hielt den Angeklagten für einsichtsfähig, konnte allerdings eine verminderte Steuerungsfähigkeit nicht ausschließen. Das Drogenrad scheine sich recht schnell gedreht zu haben.

Die Staatsanwältin zeigte sich positiv überrascht, dass der Angeklagte vor Gericht erschienen war. Sie forderte eine Haftstrafe von drei Jahren und zwei Monaten. Aus ihrer Sicht gehörte der Mann aber in eine Entziehungsanstalt. Der Rückfall von Anfang März sei ein klares Zeichen dafür. Der Verteidiger erklärte, dass er noch von keinem seiner Mandanten gehört habe, dass er in eine Entziehungsanstalt eingewiesen werden wolle. Der Mann verspreche sich davon die letzte Rettung für sein Alkohol- und Drogenproblem.

Richter Helmut Berger ordnete die geschlossene Unterbringung an. Nur eine strukturierte Behandlung ermögliche dem 23-Jährigen, sein Leben wieder regeln zu können. Andere Maßnahmen versprächen derzeit keinen Erfolg. Es bestehe die Gefahr, dass der Mann in Abhängigkeit erhebliche Straftaten begehen werde. Der Angeklagte habe sich freiwillig in Therapie begeben, was die richtige Entscheidung gewesen sei. Doch die Einrichtung sei der falsche Ort gewesen. Richter Berger verurteilte den Mann zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten, unter anderem wegen Bedrohungen, Beleidigungen, gefährlicher Körperverletzung und versuchter Brandstiftung.

© SZ vom 22.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: