Wolfratshausen: Lästernde Mädchen:Blüten der Pubertät

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Seit die Sonne wärmer scheint, sitzen zwei Mädchen am S-Bahnhof Wolfratshausen und lästern lauthals über Passanten. Dabei haben sie prominente Vorbilder: Auch Angela Merkel und Albert Einstein frönten schon dem nutzlosen Zeitvertreib.

Franziska Felber

Auf dem Weg entlang der Industriegleise, die zum S-Bahnhof Wolfratshausen führen, blühen Kirschbäume und Teenager um die Wette. Zwei von der Pubertät gebeutelte Mädchen treffen sich dort, seit die ersten Sonnenstrahlen das Sitzen unter freiem Himmel ermöglichen, regelmäßig auf einer Bank.

In diesen Tagen sitzen regelmäßig zwei Mädchen am S-Bahnhof Wolfratshausen und lästern über Passanten. (Foto: dariadf / photocase.com)

Ihre vorrangige Beschäftigung: Zigaretten rauchen und Passanten anpöbeln. Der Einfallsreichtum kennt dabei kaum Grenzen. Von "hässliche Brille!" bis "hässlicher Rucksack!" wird nichts ausgelassen. Eine Woche später ist es gar der "hässliche Mantel!", den die beiden schonungslos ächten.

Schon klar, das pubertäre Leben ist hart, die Zahnspange zwickt und die strammen Jeans ebenso. Aber, liebe "Mädelz", wie sich junge Damen gerne in Internetforen nennen, keine Sorge: Aus euch kann noch was werden, auch Meister unserer Art frönten einst dem nutzlosen Zeitvertreib.

Selbst Bundeskanzlerin Angela Merkel benebelte sich als Jugendliche beim heimlichen Rauchen im Wald. Ob sie dabei Passanten angepöbelt hat, ist nicht bekannt. Albert Einstein kam gar nicht erst in die Versuchung, er verbrachte seine Freizeit am liebsten damit, zu Hause 14-stöckige Kartenhäuser zu errichten. Auch Karl Lagerfeld blieb häufig daheim - er verabscheute seine Mitschüler. Um ihnen fern bleiben zu können, täuschte er diverse Unpässlichkeiten so glaubhaft vor, dass er schließlich selbst meinte, an Kinderlähmung erkrankt zu sein.

Geselliger war Joseph Ratzinger. Doch wäre er beim ausgelassenen Spiel mit Freunden beinahe im Karpfenteich ersoffen. Was hätte die Welt nur von meterhohen Kartenhäusern, feindseligen Simulanten und einem toten Papst im Teich gehabt? Mädelz, nach oben steht euch alles offen! Papst, nun gut, das mag noch dauern.

Bis dahin sitzen die beiden weiter auf ihrer Bank und besprechen ohne Wohlwollen die Zeitgenossen. Was sie wohl zu den Helfern im Atomkraftwerk Fuskushima zu sagen hätten, die im Dienste Anderer ihr Leben aufs Spiel setzen? Die Vermutung liegt leider nahe: "Hässliche Schutzanzüge! "

© SZ vom 13.04.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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