Wolfratshausen:Kunstgewölbe auf Zeit

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"Das gibt eine gute Energie": Walter und Luise Seemayer und Anton Egold (von links) stellen ihren Laden vorübergehend Künstlern zur Verfügung. (Foto: Pöstges)

Eigentümer des Ladens am Obermarkt 23 stellen den Raum Kreativen zur Verfügung - kostenlos

Von Stephanie Schwaderer, Wolfratshausen

Jammern kann inspirieren. Luise und Walter Seemayer zumindest hatten irgendwann genug von den anhaltenden Klagen über den Niedergang der Wolfratshauser Innenstadt. Am Samstag, 11. Juni, eröffnen sie das "Kunstgewölbe Obermarkt" - eine Galerie auf Zeit, in der sich bis Anfang Oktober Kreative aus der Region selbst organisieren und präsentieren dürfen. Seemayers Motto: "Nicht jammern, sondern handeln und der Kunst einen Raum geben."

Auf den 156 lichtdurchfluteten Quadratmetern am Obermarkt 23, wo bis vor kurzem noch ein Optiker seine Brillen präsentierte, wird es also auch in den kommenden vier Monaten einiges fürs Auge geben. "Das Konzept ist ganz einfach", sagt Walter Seemayer: "Wir stellen den Raum kostenlos zur Verfügung, zahlen den Strom und weißeln am Ende noch einmal durch. Und die Künstler überlegen sich selbst, mit wem, wann und wie sie ihn nutzen wollen." Den Anfang machen die Bildhauerin Claudia Schneider, Christine Sperling (Schwemmholzskulpturen) und die Malerin Claudia Steinberger. Nach drei Wochen werden sie von der Malerin Sandra Eder abgelöst, die das Gewölbe als offenes Atelier nutzt und dort arbeiten wird. Termine gebucht haben auch schon die Malerinnen Annette Girke und Jutta Brachwitz, die Keramiker Sabine Turpeinen und Marc Lancet sowie die Bildhauer Marianne und Otto Süßbauer. Mit Mari Watanabe (Papier) und Renkei Hasimoto (Zen-Shakuhachi) sind auch zwei japanische Künstler mit von der Partie, für die Luise Seemayer schon ein besonderes Szenario vor Augen hat: "Wir könnten für ein Fest die Terrasse auf der Rückseite nutzen und die Parkplätze bis zur Loisach und zum japanischen Garten miteinbeziehen."

Die 55-jährige Architektin, die mit ihrem Mann in Königsdorf lebt, hat das Haus am Obermarkt zusammen mit ihren Geschwistern geerbt und es vor zwölf Jahren aufwendig umgebaut. Zuvor hatten ihre Eltern im sogenannten "Mäuselbräu" den "Schuhladen Egold" betrieben. Nach einem Brand im Obergeschoss und einem verheerenden Wasserschaden war 2004 der Zeitpunkt für eine Generalsanierung gekommen. Außer der denkmalgeschützten Fassade mit Lüftlmalereien blieb auch ein kleines historisches Biergewölbe im Erdgeschoss erhalten, das dem Kunstgewölbe seinen Namen gibt. "Mäuselbräu hat nichts mit Mäusen zu tun", erklärt Miteigentümer Anton Egold. "Ein Mäusel war früher eine Maßeinheit so wie ein Ster." Auch der Nachmieter ist von der Interimsnutzung des Ladens überzeugt: Andreas Demmel wird im Oktober mit seinem Unternehmen "Il Bagno" vom Schwankleck ins Mäuselbräu umziehen. Der Laden habe ihn schon immer gereizt, sagt er. "Wenn man barrierefreie Bäder anbietet, ist es gut, wenn der Beratungsraum nicht im dritten Stock liegt."

Walter Seemayer, Initiator und Sprecher der Eigentümer, fungiert bis Oktober als Organisator. Künstler, die sich im Gewölbe betätigen wollen, können sich an ihn wenden (walter@seemayer.de). Warum er das macht? "Das gibt eine gute Energie", sagt er. "Davon haben alles etwas."

Kunstgewölbe am Obermarkt, Wolfratshausen, Eröffnung am Samstag, 11. Juni, 10 Uhr

© SZ vom 09.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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