Sehenswert in Wolfratshausen:Traumstadt und Guckkästen

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Die etwa 160 großen und kleinen wöchentlichen Gruppenteilnehmer der Schule der Phantasie stellten im Wolfratshauser Kunstturm ihre Bilder und Skulpturen aus zum Thema "Das kleine Format". (Foto: Hartmut Pöstges)

Die Schule der Phantasie stellt in der "Klecksinale" die Werke der Nachwuchskünstler aus. Dieses Jahr lautete das Motto "Das kleine Format".

Von Susanne Hauck, Wolfratshausen

Ein Café mit dem schönen Namen "Magronenhörndel", ein Muschelstrand, ein Kino "Loisach City", ein Schwimmbad, ein riesiger Spielplatz und eine Schule, vor der ein großes Schild mit der Aufschrift "geschlossen" hängt - so sähe die Stadt Wolfratshausen in der Vorstellung von Vorschulkindern aus. Mit unglaublicher Phantasie haben sie mit Modellbauten ihre Traumstadt geschaffen und dafür mit dem Cutter aus Papierkarton die Teile für die Bauwerke ausgeschnitten und zusammengefügt, bemalt und dekoriert.

Jährlich präsentiert die von Künstlern und Erziehern ehrenamtlich geleitete "Schule der Phantasie" Klecks eine große Jahresausstellung. Dieses Jahr fand sie zum ersten Mal im Schwankl-Kunstturm statt. "In so einer schönen Galerie waren wir noch nie", dankte die Vorsitzende Kerstin Vettern bei der Vernissage am Freitag dem Kulturverein Isar-Loisach, der die Räume zur Verfügung gestellt hat.

Mit der "Klecksinale" bereitet der Verein seinen kleinen und großen Künstlern - vor allem Kinder und Jugendliche, aber auch Erwachsene - eine Bühne. Dieses Jahr lautete das Motto "Das kleine Format". Und die kleinteiligen Dinge sind bekanntlich die anspruchsvollsten, weil es eine Fitzelarbeit ist. Die Besucher konnten gar nicht genug bestaunen, was hier alles entstanden ist. Und was schon Kinder unter zehn Jahren alles hinkriegen, wenn man sie nur machen lässt und ihnen bei der Umsetzung ein wenig unter die Arme greift. Kreative Collagen aus Holzresten, drehbare Puzzles in leeren Bilderrahmen, bunten Spachtelbilder. In Formen aus Kunstharz haben die kleinen Künstler ihre Schätze gegossen: alte Familienfotos, einen bunten Kronkorken, winzige Spielfigürchen. So veredelt, sieht alles aus wie ein Kunstwerk. In leere Mini-Metallblechdosen haben sie in filigraner Kleinarbeit ihre individuellen Phantasieszenen zusammengestellt: ein Haus mit Baum und einer Familie, Urlauber, die an einem Strand sitzen, ein schwarz-weißes Café mit der Aufschrift "Willkommen in der traurigen Bar". Raffiniert auch die Guckkastenbühnen von Vorschulkindern. Sie haben Schuhkartons mit Hilfe von Farbe, Stoffresten und Pappmöbeln in Wohnlandschaften verwandelt und einen Vorhang vor die "Tür" gehängt, durch die der Betrachter ins Innere spähen kann. Ein mit Transparentpapier verklebtes "Dachfenster" lässt genug Licht rein.

Hereingespäht: Eine Miniatur-Wohnlandschaft in einem Guckkasten. (Foto: Hartmut Pöstges)

Im ersten Stock haben die Jugendlichen und die Erwachsenen ihre Werke ausgestellt. Sie haben sich dieses Jahr mit Porträts und Landschaften beschäftigt, mal abstrakt, mal gegenständlich, mal als Cartoon. In verschiedensten Techniken, mal als Stiftzeichnung, mal in Acryl. Couragiert und selbstbewusst ausgeführt, eine reife Leistung. Hier schlummert so manches Talent, wie sich unschwer erkennen ließ. Zu den interessantesten Exponaten zählten die aus weißem Ton gefertigten Menschenköpfe in Marionettenpuppenformat. Eine Gemeinschaftsarbeit aller Altersgruppen - und es war keineswegs auf Anhieb ersichtlich, ob hier ein Kind oder ein Erwachsener hinter einem der zwei Dutzend Tonköpfe steckte. Wie sie da auf Holzstäbe aufgesteckt nebeneinander standen und den Blick des Betrachters regelrecht erwiderten, erinnerten die fratzenhaften Gesichter, phantasievollen Trolle und Fabelwesen an die Wasserspeier an gotischen Kathedralen.

Tonköpfe auf Holzspießen fesselten den Blick der Betrachter. (Foto: Hartmut Pöstges)

Die Schule der Phantasie hat 25 Gruppen, davon drei Erwachsenenkurse. Es gibt die "Starter" von zwei bis sechs, die "Smarties" von fünf bis zehn Jahren und dann die "Artgenossen" für alle Älteren - Wörter, in denen jeweils "Art", das englische Wort für Kunst, vorkommt. Kerstin Vetter unterrichtet etwa die Hälfte der Kurse selbst. Das Credo der Vorsitzenden ist es, alle möglichen Techniken und Materialien anzubieten. "Damit die Teilnehmer immer wieder Neues erleben", sagt sie. Gut die Hälfte der Schüler sind Jungs - sie arbeiten gern mit Holz. Dass die Kinder möglichst frei arbeiten, um sich künstlerisch entfalten zu können, ist Vetter wichtig. Es ist ein bewusster Gegenentwurf zur Schule. "Die Ergebnisse bestimmen die Kinder", erklärt sie. "Sie bekommen nichts von oben diktiert, wir helfen ihnen nur dabei und begleiten sie."

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