Wolfratshausen:Kritik an SPD-Veranstaltung

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Ein Vorstandsmitglied wirft dem Arbeitskreis Frieden vor, einen "Verschwörungstheoretiker" eingeladen zu haben

Von Konstantin Kaip, Wolfratshausen

Die Einladung des Autors Wolfgang Bittner, der beim Arbeitskreis Frieden der Kreis-SPD am vergangenen Donnerstag in Wolfratshausen einen Vortrag über den Einfluss der USA auf Europa gehalten hat, stößt im Ortsverein der Partei auf Kritik. Wenn der Arbeitskreis Frieden an einer "objektiven Darstellung" des US-amerikanischen Einflusses auf Deutschland und andere Staaten interessiert sei, "sollte er eine Person einladen, die der Vielfältigkeit und Komplexität des Themas gerecht wird", erklärt Rainer Holthaus vom Vorstand des Wolfratshauser SPD-Ortsvereins in einem Leserbrief an die SZ. "Wenn stattdessen aber eine Person wie Herr Bittner eingeladen wird, die nicht nur einseitig ausgerichtet, sondern auch noch Verschwörungstheoretiker ist, so entzieht sich das meinem Verständnis."

Rainer Holthaus vom Vorstand des Wolfratshauser SPD-Ortsvereins. (Foto: Hartmut Pöstges)

Bittner, ehemaliger Rundfunkrat des westdeutschen Rundfunks und Buchautor, hatte bei seinem Vortrag in der Gaststätte Flößerei aus seinem Buch "Die Eroberung Europas durch die USA" gelesen und unter anderem die deutsche Politik und Angela Merkel als der USA hörig bezeichnet. Dass Kritiker ihm vorwerfen, einseitig zu sein, hatte Ilse Nitzsche vom Arbeitskreis Frieden als Grund für die Einladung Bittners aufgeführt. "Ich bin der Meinung, dass die Printmedien auch sehr einseitig sind", sagte sie in ihrer Einführung.

Die "Einseitigkeit der Presse" könne jedoch nicht der Anlass für die Einladung des umstrittenen Autors sein, kontert der ehemalige Ortsvorsitzende Holthaus. "Die deutschen seriösen Blätter haben zwischenzeitlich ihre anfänglich unkritische Haltung gegenüber dem Ukrainekonflikt revidiert und berichten keineswegs mehr einseitig." Die Rolle der USA sei etwa ausführlich beleuchtet worden. "Wenn der Presse trotzdem noch Einseitigkeit vorgeworfen wird und Verschwörungstheoretiker anstelle neutraler Wissenschaftler bemüht werden, erinnert mich das doch sehr an aus anderen politischen Lagern bekannte Denkmuster." Holthaus betont, dass er selbst nicht bei dem Vortrag gewesen sei und nur über die Berichterstattung davon erfahren habe. Als Beispiel für die "Propaganda-Sprache" Bittners zitiert er Aussagen des Autors, nach denen die Regierungsparteien in Berlin und somit auch die SPD als "willfährige Vasallen der Konfrontations- und Lügenpolitik der USA" seien.

Ilse Nitzsche kann die Kritik nicht nachvollziehen. Wenn er andere Stimmen zum Thema wolle, sei es Holthaus "unbenommen, andere Referenten einzuladen", sagt sie. Zwar verwende Bittner oft "drastische Worte". Auch sei ihr klar, dass seine Argumentation einseitig sei. Sie habe sich aber gedacht, er sei ein "gutes Gegengewicht" zur üblichen Berichterstattung. Den Arbeitskreis Frieden der SPD habe sie schließlich vor zwei Jahren gegründet, weil sie in der Zeitung "alle zwei Tage" gelesen habe, dass die Nato zur Aufrüstung gegen Russland aufrufe. "Uns wird eingebläut: Der Russe kommt." Sie sei "kein Putin-Freund" betont Nitzsche, doch solle man Russland lieber in diplomatische Gespräche einbeziehen. Die SPD, der sie seit mehr als 42 Jahren angehöre, sei einmal eine "Friedenspartei" gewesen: mit Willy Brandt und Egon Bahr, die einen "Wandel durch Annäherung" betrieben hätten. Heute aber sei davon kaum noch etwas zu erkennen, und die Partei stehe so schlecht da wie nie. "Wenn die SPD heute ein bisschen mehr Kante zeigen würde und wieder mehr Friedenspartei wäre, ginge es ihr vielleicht besser."

© SZ vom 08.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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