Wolfratshausen:Jahrelanger Streit unter Nachbarn

Lesezeit: 2 min

Rentner wegen Körperverletzung vor Gericht - Verfahren eingestellt

Das Verhältnis zwischen den Nachbarn ist schon jahrelang zerrüttet. Gegenseitige Schuldvorwürfe prägen den Alltag. Sogar mit einem Schlichtungsgespräch versuchten beide Männer aus einem kleinen Dorf im Landkreis ihre Probleme auszuräumen - vergeblich. Jüngst gerieten die beiden Familien an Silvester wieder aneinander. Der 75-jährige Angeklagte soll dem Freund der Tochter seines 50-jährigen Nachbarn mit der Schneeschaufel gegen das Schienbein gestoßen haben. Anschließend soll er eine Plastikkiste mit seinem Auto umgefahren und zerstört haben. Mit der Anzeige kamen alte Vorwürfe ans Licht. So soll der Rentner 2008 mit Pflastersteinen nach dem jüngeren Familienvater geworfen haben, als dieser Steine mit der Flexmaschine bearbeitete. Die Folge: Hämatome an der Hand und eine Prellung am rechten Handgelenk.

Deswegen sahen sich beide nun vor dem Amtsgericht wieder. Der Rentner musste sich wegen gefährlicher Körperverletzung, Nötigung und Sachbeschädigung verantworten. Doch das Gericht stellte das Verfahren vorläufig ein. Der Angeklagte soll 400 Euro an die Nachbarschaftshilfe Bürger für Bürger in Wolfratshausen zahlen. Reden wollen die Nachbarn möglichst kaum noch miteinander, auch wenn Richter Helmut Berger dringend zu einer Verständigung mahnte.

Der Angeklagte sagte, dass er sich noch genau an den Tag vor sieben Jahren erinnern könne. Schließlich schreibe er seit 50 Jahren Tagebuch. Er habe mit seiner Frau Blumenkästen bepflanzen wollen. Da habe sein Nachbar plötzlich mit seiner Flex auf seinem Grundstück Steine bearbeitet - nur drei bis vier Meter vom Zaun zwischen ihnen entfernt. Es habe stark gestaubt. Er habe sich geärgert und seinen Nachbarn auffordern wollen, damit aufzuhören oder woanders die Steine zu bearbeiten. Sein Rufen - damals seien sie noch per Du gewesen - habe dieser ignoriert. Deshalb habe er zweimal etwa drei bis vier Zentimeter dicke Kieselsteine in dessen Richtung gekullert. Sie hätten gestritten, bis ihn seine Frau weggeholt habe. Einen fast sechs Kilogramm schweren Pflasterstein hätte er mit einer Hand nicht einmal aufheben, geschweige denn werfen können.

Der 50-jährige Nachbar sagte, dass dieser jedoch mit diesem Kaliber nach ihm geworfen habe. Der Ältere sei sehr aufgebracht gewesen. Doch er habe weiter geflext. Der Richter wunderte sich. Spätestens da hätte er bei ihren ohnehin schon bestehenden Auseinandersetzungen aufhören müssen.

Die Tochter des Angestellten sagte, dass sie an Silvester mit ihren Freunden auf der Straße eine Schneebar gebaut habe. Der 75-jährige Angeklagte sei mit dem Auto vorgefahren und habe mit einer Schaufel Schnee an die Seitentür des Autos ihres Freundes geschippt. Sie habe ihn aufgefordert, damit aufzuhören, worauf dieser laut geworden sei. Der Rentner habe mit der Schaufel ausgeholt und ihrem Freund gegen das Schienbein gestoßen. Dann sei er mit dem Auto rückwärts über ihre Plastikkiste gefahren.

Der 27-jährige Freund bestätigte im Wesentlichen das Geschehen. Der Mann habe ihn einmal mit der Schaufel am Schienbein getroffen. Er habe nicht sofort am Bein nach den Verletzungen geschaut. Das wunderte Richter Berger.

Der Angeklagte widersprach. Er habe den Schnee nicht gegen das Auto geschippt. Ob er den jungen Mann mit der Kante am Schienbein berührt habe, könne er nicht sagen. Richter Berger einigte sich mit dem Rechtsanwalt und der Staatsanwältin, das Verfahren einzustellen.

© SZ vom 07.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: