Urteil:Hin und Her um Pulli und Schals

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Haushaltshilfe soll geklaut haben - wird aber freigesprochen

Von Benjamin Engel, Wolfratshausen

Richter Helmut Berger war sich am Ende nicht sicher: Hatte die 43-jährige Haushälterin ihre 39-jährige Arbeitgeberin bestohlen - einen teuren Kaschmirpullover deren Mannes, Schals und 50-Euro-Scheine einfach an sich genommen? Hatte sich die Ältere zunächst geweigert ein Haushaltsbuch zu führen, Einkaufsbelege verschlampt und weggeworfen? Oder hatte die Arbeitgeberin gar keinen Wert darauf gelegt, Belege nicht verlangt und ignoriert? Der Richter sagte, dass beide Frauen einen "guten Eindruck" gemacht hätten. Es gebe aber Ungereimtheiten. Im Zweifel müsse er für die Angeklagte entscheiden. Deshalb sprach er sie von dem Vorwurf des Diebstahls vor dem Amtsgericht Wolfratshausen frei.

Die frühere Haushälterin hatte nur dreieinhalb Monate in dem Haushalt im Nordlandkreis gearbeitet. Dort war sie in einer Einliegerwohnung untergebracht und führte den Haushalt - kaufte ein, wusch, bügelte, kümmerte sich um den Garten und betreute die drei Kinder ihrer Arbeitgeber. Sie sagte, dass sie nicht wisse, wo der rund 2000 Euro teure Kaschmirpullover des Mannes hingekommen sei. Die zwei angeblich geklauten Schals habe ihre Arbeitgeberin ihr zu Weihnachten geschenkt. Das Geld - drei 50-Euro-Banknoten - habe sie der Frau bei der Kündigung zurückgegeben.

Die Hauswirtschafterin vermutet, entlassen worden zu sein, weil sie sich beschwert habe. Einmal sei sie mit der Mutter der Arbeitgeberin und den Kindern allein im Haus gewesen. Mit der habe sie gestritten, weil sie im Haushalt nicht alles sofort gefunden habe. Ihre Arbeitgeber seien eben unordentlich gewesen. Sie habe immer mehr Aufgaben bekommen, bis alles zu viel für sie geworden sei. Danach sei das Ehepaar komisch zu ihr gewesen und habe Mitte Januar fristlos gekündigt. Der Mann habe sie sofort zum S-Bahnhof nach Wolfratshausen gefahren.

Die Hausfrau habe ihr das Geld für Einkäufe immer im Voraus gegeben, wie es gebraucht wurde. Die Kassenbons habe sie ihr gezeigt. Doch sie habe diese nicht sehen wollen und sie weggeworfen.

Die Arbeitgeberin gab dagegen an, dass ihre Angestellte das Haushaltsbuch nicht habe führen wollen und die Kaufbelege verschludert habe. Sie habe ihr lediglich ein Parfüm geschenkt, keine Kleidung. Für die beiden pro Woche anstehenden Einkäufe habe sie ihr jeweils 200 Euro gegeben. Als sie einmal selbst im Laden gewesen sei, habe sie gemerkt, dass dies viel zu viel gewesen sei - den Rest müsse die Haushaltshilfe wohl stest eingesteckt haben. Schließlich habe sie ihr eine Falle gestellt. Sie habe zehn 50-Euro-Scheine abgehoben und in ihren Geldbeutel in der Handtasche gesteckt.

Die Handtasche mit Geldbeutel habe sie an zwei aufeinanderfolgenden Tagen im Haus abgestellt, bevor sie Duschen gegangen sei. Danach hätten einmal ein Schein und dann noch einmal zwei gefehlt. Damit habe sie die Haushälterin konfrontiert. Die habe das Geld zurückgegeben - auch die zwei Schals, die sie in deren Tasche gefunden habe. Die Haushälterin gab aber an, immer noch im Besitz der Schals zu sein. Sie seien in den Kartons gewesen, in die das Ehepaar ihre Sachen gepackt habe. Die habe sie eine Woche nach ihrem Rauswurf abgeholt. Aussage gegen Aussage: Da waren auch Staatsanwältin und Rechtsanwältin für einen Freispruch.

© SZ vom 13.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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