Wolfratshausen:Gestörter Burgfrieden

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Bürgermeister Heilinglechner wehrt sich gegen die Kritik, er habe den Verkauf des Wolfratshauser Burggrundstücks an der Stadt vorbeilaufen lassen. Er sei davon ausgegangen, es handele sich nur um ein Waldareal, sagt er

Von Benjamin Emonts, Wolfratshausen

Es ist 284 Jahre her, dass der Blitz im Wolfratshauser Burgturm einschlug und eine große Menge Schießpulver und schließlich die ganze Burg zum Explodieren brachte. Ihre Überreste aber sind im Jahr 2018 immer noch ein spannendes Thema.

Das Grundstück, auf dem sich die Burg befand, gehörte einer Privatperson, die es kürzlich verkauft hat - ebenfalls an eine Privatperson. Die Stadt indes hatte sich in die Verhandlungen nicht eingeschaltet. Der örtliche Burgverein, der sich für den Erhalt des kulturellen Erbes einsetzt, kritisiert dies scharf. Er will auf dem Areal einen Lern- und Erlebnispfad errichten und hätte deshalb die Stadt gerne als neuen Besitzer des Grundstücks gesehen.

Bürgermeister Klaus Heilinglechner (BVW) nahm nun in einer Pressekonferenz Stellung zu der Kritik. "Ich habe definitiv nicht gewusst, dass es sich um das Burggrundstück handelt." Er sei deshalb davon ausgegangen, dass es kein Vorkaufsrecht auf das Grundstück gegeben habe.

Grundsätzlich gelangen alle Grundstücks- und Immobilienverkäufe an das städtische Bauamt. Dort wird geprüft, ob ein Vorkaufsrecht der Stadt für das entsprechende Grundstück besteht. Publik wurde der Verkauf des Burggrundstücks auf der jüngsten Stadtratssitzung am Dienstag, 17. Juli. Die CSU-Rätin Claudia Drexl-Weile, die, wie sie sagt, aus "dritter Hand" von dem Vorgang erfahren habe, wollte damals vom Bürgermeister wissen, weshalb die Stadt kein Interesse an dem Grundstück gezeigt habe. Heilinglechner habe zu verstehen gegeben, dass er kein öffentliches Interesse an dem Grundstückserwerb erkannt habe. Und er habe zudem sagt, nicht gewusst zu haben, dass es sich um das Burggrundstück drehte.

Auf der Pressekonferenz schildert der Rathauschef den Vorgang aus seiner Sicht. Wie immer sei das städtische Bauamt darüber informiert worden, dass auf dem Stadtgebiet ein Grundstück veräußert werden solle. Auf dem Schriftstück sei - ebenfalls wie üblich - lediglich eine entsprechende Flurnummer des Grundstücks vermerkt gewesen. Das Bauamt habe anschließend die Angelegenheit geprüft und sei zu dem Ergebnis gekommen, dass das Areal im Flächennutzungsplan als Wald ausgewiesen war. Er habe deshalb an dem Waldareal kein öffentliches Interesse erkannt. "Da fragt dann auch keiner mehr nach", sagte Bürgermeister Heilinglechner.

Bei den Stadträten gerät der Rathauschef zunehmend in die Kritik, wie die SZ am Mittwoch auf Nachfrage erfuhr. "Ich bin überzeugt, dass er wusste, dass es sich um das Burggrundstück gehandelt hat", wirft ihm CSU-Rätin Drexl-Weile vor. Der Sprecher der Grünen-Fraktion, Hans Schmidt, sieht in Heilinglechners Aussage "eine reine Schutzbehauptung". Wenn Grundstücke zum Verkauf stünden, müsse die Stadt aktiv werden und genau nachfragen, um welches Grundstück es sich handele. "Sie steht in der Bringschuld." Der SPD-Fraktionsvorsitzende Fritz Meixner sagt zu dem Vorgang: "Die Dinge, die mich sprachlos machen, häufen sich gerade."

Heilinglechner sagte in der Pressekonferenz, er hätte den Stadtrat konsultiert, wenn ihm die Bedeutung des Grundstücks klär gewesen wäre. Im Burgverein, in dem sich 60 Bürger für den Erhalt des historischen Erbes der Stadt engagieren, sind sie verärgert. Vize-Vorsitzender Ernst Gröbmair bezeichnet Heilinglechners Darstellung, wonach "das Bayerische Baugesetzbuch keine der Voraussetzungen für ein Vorkaufsrecht der Gemeinde erfüllt" als "völlig falsch". Das öffentliche Interesse bestehe, eben weil es sich um das Burggrundstück gehandelt habe.

Der Burgverein will das unpassierbare Gelände für Einheimische und Touristen mit einem Erlebnispfad erschließen, "um die Geschichte der Burg erlebbar zu machen", wie Gröbmair betont. Die Umsetzung seiner Pläne wären demnach weitaus einfacher gewesen, wenn das gesamte Grundstück der Kommune gehörte.

Bürgermeister Heilinglechner versucht indes, die Gemüter zu beruhigen. Die Stadt werde die Errichtung des Burglehrpfades weiterhin unterstützen, so wie dies der Stadtrat im Juli 2017 beschlossen habe, sagte Heilinglechner auf der Pressekonferenz zu.

© SZ vom 09.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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