Wolfratshausen:Ganz in Weiß

Lesezeit: 2 min

Bariton Andreas Burkhart glänzte mit flexibler, in allen Lagen ausgeglichener Stimme. (Foto: Wolfsbauer)

Das Wolfratshauser Flussfestival klingt stimmungsvoll mit einer gelungenen, wenn auch etwas zahmen Version der "Carmina Burana" aus

Von Reinhard Szyszka, Wolfratshausen

Und nun ist es zu Ende, das zweite Wolfratshauser Flussfestival. Bei Bürgermeister Klaus Heilinglechner, Kulturmanagerin Marion Klement und Festivalleiter Günther Wagner mischte sich die Erleichterung, dass alles gut geklappt hat, mit dem Bedauern, dass die turbulenten 16 Tage jetzt vorüber sind. Am Sonntag standen die drei letztmalig auf der Bühne an der alten Floßlände und leiteten die Abschlussveranstaltung mit Danksagungen ein - Dank an die vielen Kräfte, die das alles möglich gemacht hatten. Die Sponsoren zählten ebenso dazu wie die Organisatoren, die Techniker, die Sicherheitskräfte und noch viele andere mehr. Die "grünen Männchen", also die hellgrün gekleideten Helferinnen und Helfer, die überall auf dem Gelände für den reibungslosen Ablauf zu sorgen hatten, wurden eigens auf die Bühne gebeten und mit Sonderapplaus geehrt.

Was gibt es Festlicheres, Passenderes für den würdigen Ausklang eines solchen Festivals als Carl Orffs Dauerbrenner "Carmina Burana"? Von Kopf bis Fuß blütenweiß gekleidet, betraten die Musiker die Bühne - die Sänger ebenso wie die Instrumentalisten und der Dirigent. Die leuchtend weiße Gewandung brachte die wechselnden Farben der Bühnenbeleuchtung natürlich besonders gut zur Geltung, was während des Konzerts auch ausgiebig genutzt wurde und immer wieder zu verblüffenden optischen Effekten führte.

Der Isura-Madrigalchor bewegt sich normalerweise in einem gänzlich anderen Repertoire. Anspruchsvolle A-cappella-Musik ist die Stärke des Chors, polyphone Motetten der Barockzeit und harmonisch ausgereifte Chorsätze der Hoch- und Spätromantik. Nichts von alledem gibt es bei Carl Orff: hier dominieren Rhythmus, Sprache und Klang. Die Isuraner unter ihrem Leiter Johannes Buxbaum bewältigten die ungewohnten Herausforderungen mit großem Einsatz. Präzise, wie gemeißelt klang der Text beim Eingangs- und Schlusschor "O fortuna". Kaum überraschend, dass dem Chor diejenigen Teile am besten gelangen, die Schöngesang und Stimmkultur verlangen. Die Frühlingslieder des ersten Teils - etwa "Veris leta facies" - hat man kaum je inniger, wohlklingender gehört. Doch gibt es in der "Carmina Burana" auch ganz andere Passagen, insbesondere im "Taverna"-Abschnitt, und hier konnte der Isura-Madrigalchor nicht restlos überzeugen. Das höhnische "Ha-ha", mit dem der Möchtegern-Abt von Kukanien verspottet wird, kam viel zu brav, zu harmlos daher, und auch das Trinklied "In taberna quando sumus" schmeckte eher nach Mineralwasser. Gut dann wieder die Liebeslieder im letzten Teil.

Unter den Gesangssolisten glänzte Bariton Andreas Burkhart mit flexibler, in allen Lagen ausgeglichener Stimme. Seine eindrucksvolle Höhensicherheit stellte er beim männlich-kräftigen "Estuans interius" ebenso unter Beweis wie beim lyrisch-weichen "Dies, nox et omnia", das er mit bruchlosem Übergang ins Kopfregister sang.

Countertenor Stefan Görgner, von den "Fledermaus"-Aufführungen im letzten Herbst noch in bester Erinnerung, sang und spielte dir kurze Szene des gebratenen Schwans mit drastischer Komik. Doch ohne die Leistung Görgners im Mindesten zu schmälern, sei die grundsätzliche Frage gestattet, ob die Besetzung mit einem Countertenor dem Werk adäquat ist. Orff fordert seine Sänger bis an die äußerste Grenze der Stimme, oft noch darüber hinaus; selbst der Chor bleibt da nicht verschont ("Blanziflor et Helena"). Der Schwan, so die Absicht des Komponisten, soll als Tenor in den höchsten Tönen "quäken", nicht als Countertenor in bequemer Mittellage schön singen.

Die Sopranistin Johanna-Maria Zeitler begann mit verhältnismäßig kleiner Stimme, steigerte sich dann aber rasch. Bei "Tempus est jocundum" agierte sie als gleichwertige Gegenspielerin des Baritons. Besonders hervorzuheben ist auch der Kinderchor, der sich - eine Seltenheit bei "Carmina"-Aufführungen! - durch makellose Intonation auszeichnete. Man merkte die bewährte Einstudierung von Yoshihisa Kinoshita.

So ging die Aufführung und damit das Flussfestival in einhelligem Jubel zu Ende. Ein Feuerwerk um 22 Uhr setzte dann den endgültigen Schlusspunkt, kurz bevor der nächste kräftige Regenschauer niederprasselte. Doch allen Flussfestival-Fans zum Trost: das Festival 2017 ist schon fest geplant.

© SZ vom 21.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: