Wolfratshausen:"Frauen stimmen auch mit den Füßen ab"

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Melanie Huml im Gespräch mit Landrat Josef Niedermaier, der zum Termin nach Wolfratshausen gekommen war. (Foto: Hartmut Pöstges)

Geburtshilfe II: Gesundheitsministerin Melanie Huml auf Wahlkampf-Tour in der Kreisklinik

Von Konstantin Kaip, Wolfratshausen

Als die bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) am Montagnachmittag der Kreisklinik Wolfratshausen einen Besuch abstattet, um über Gesundheitspolitik und die Geburtshilfe im Landkreis zu sprechen, stehen große Fragen im Raum: Wie geht es weiter mit der Geburtshilfe im Landkreis, und wie mit dem Kreiskrankenhaus als Grundversorger? Die Ministerin ist auf Einladung des CSU-Direktkandidaten für die Bundestagswahl Alexander Rawdan gekommen, es ist Wahlkampf. Vor Ärzten, Geschäftsführung und Lokalpolitikern im Casino des Krankenhauses nimmt sie sich zwei Stunden Zeit, die großen Fragen zu berühren - eine klare Antwort oder Lösung gibt es freilich nicht. "Mir liegen die kommunalen Krankenhäuser sehr am Herzen", sagt Huml. Und dass Bayern als Flächenstaat auch Geburtshilfe vor Ort brauche. "Aber in dem Bewusstsein, dass wir nicht überall alles erhalten können."

Landrat Josef Niedermaier (FW), Aufsichtsratsvorsitzender der Klinik, hat ihr noch einmal die Lage skizziert: die Schließung der Geburtshilfe in Bad Tölz, die Kooperationshandlungen mit dem Klinikum Starnberg für eine Hauptabteilung, um in der Kreisklinik den Kreißsaal zu erhalten. "Wir versuchen, den Maximalversorger Starnberg in den Landkreis zu bringen, in der Hoffnung dass sich in Zukunft weitere Möglichkeiten ergeben", sagt er. Und zur Lage der Kreisklinik: "Gewisse Zukunftssorgen schwingen mit." Denn für kommunale Krankenhäuser der Grundversorgung sei es eben "sehr, sehr schwierig" zu wirtschaften. Krankenhäuser seien "systembedingt zu einer gewissen Größe gezwungen". Er habe "das Gefühl, dass die Zentrumsbildung eigentlich eine politische Vorgabe ist".

Das Thema Geburtshilfe treibe sie "bayernweit um", sagt Huml. Schließlich gebe es immer wieder Stationen, die schließen müssten - allerdings aus den unterschiedlichsten Gründen, so erklärt sie: In Erding seien es ein Mangel an Hebammen gewesen, in Unterfranken die wirtschaftliche Lage wegen der Konkurrenz - und in Tölz die Belegärzte, die nicht mehr weitermachen konnten. "Das macht die Lösung zu einer Herausforderung."

Die 42-jährige, die selbst Ärztin ist, liefert jedoch zumindest Ansätze: So müsse das Antikorruptionsgesetz, das die Übernahme von Versicherungsbeträgen der Ärzte durch Kliniken derzeit problematisch macht, klar formuliert werden. Zudem müsse es auch wieder Sicherungszuschüsse auf Bundesebene für die Geburtshilfe geben, die der Bundesausschuss vor zwei Jahren gestrichen habe, fordert Huml. Auch wenn, wie sie betont, der Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen wegen der Nähe zu München nicht davon profitiere. Und die Krankenhäuser müssten mehr finanzielle Unterstützung für das Personal bekommen. "Es ist notwendig, Tarifsteigerungen voll auszugleichen." Bislang sei das nur zur Hälfte möglich. "Das ist ein Punkt, wo wir gerade in der Grundversorgung helfen können", sagt Huml.

Die Geburtshilfe befinde sich zwischen zwei Extremen: Einerseits die möglichst naturnahe, "fast häusliche" Geburt, andererseits Mütter, die "nur High Tech" akzeptierten, sagt Huml. "Frauen stimmen auch mit den Füßen ab. Diese Ehrlichkeit muss man in der Diskussion haben." In Bezug auf Alternativen in Tölz gibt sie zu bedenken, dass auch bei einem Geburtshaus ein Notfallkaiserschnitt in einer gewissen Entfernung möglich sein müsse. Die angestrebte Kooperation mit Starnberg bezeichnet Huml als sinnvoll. "Das werden wir unterstützen."

© SZ vom 12.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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