Wolfratshausen:Erfolgsmodell Familienpaten

Lesezeit: 3 min

2014 startete das Projekt "Familienpaten": Fritz Meixner vom Kinder- und Jugendförderverein Wolfratshausen. (Foto: Manfred Neubauer)

Der Kinder- und Jugendförderverein Wolfratshausen sieht seine Arbeit bestätigt: Sowohl das Unterstützungsangebot für Eltern als auch die Schulsozialarbeit haben sich bewährt. Künftig sollen Zehnjährige speziell gefördert werden

Von Wolfgang Schäl, Wolfratshausen

Mit großem Wohlwollen hat der Kulturausschuss den Jahresbericht 2015 des Kinder- und Jugendfördervereins zur Kenntnis genommen, den Stadtjugendpfleger und SPD-Stadtrat Fritz Meixner gemeinsam mit Vereins- und Rathaus-Geschäftsführer Franz Gehring im Wolfratshauser Kulturausschuss vorgestellt hat. Beide sehen den Verein mit Blick auf das inhaltliche Angebot und die finanzielle Entwicklung "auf der Erfolgsspur". Trotz weiter gestiegener Kinderzahlen sei es gelungen, den Bedarf an Bildungs- und Betreuungseinrichtungen für Schulkinder zu decken, heißt es in der ausführlichen, 120 Seiten umfassenden Jahresbilanz, und was den Umgang mit den zur Verfügung stehenden Mitteln betrifft, so habe man einmal mehr "eine Punktlandung" hingelegt. In Zahlen bedeutet dies, dass der Verein 1,75 Millionen Euro eingenommen und knapp 1,75 Millionen Euro ausgegeben, mithin einen kleinen Überschuss von etwa 3000 Euro erwirtschaftet hat. Dies sei eine Herausforderung gewesen, die vor allem dank der genauen Berechnung der Kita-Gebühren (421 000 Euro) gelungen sei. Einen Kostenanteil von 575 000 Euro trägt die Stadt, die restlichen Einnahmen stammen überwiegend aus externen Zuschüssen und Spenden.

Aus sozialpädagogischer Sicht waren wie schon im vergangenen Jahr zwei neue Projekte besonders hervorzuheben, die laut Bericht mittlerweile schon als "Wolfratshauser Modell" wahrgenommen werden: die 2014 gestarteten Familienpatenschaften und die Schulsozialarbeit "Bildung plus" an der staatlichen Realschule. Letztere habe man ebenfalls 2014 mit einem ungewöhnlichen Finanzierungskonstrukt starten können, es sei gelungen, bis Ende 2015 eine Projektstelle mit 16,5 Wochenstunden einzurichten. Drei Mitarbeiterinnen respektive Mitarbeiter sind hier in einem eng kooperierenden Team beteiligt. 2015 sei eine "richtungsweisende Weichenstellung" durch die Kreispolitik erfolgt - der Landkreis habe an den drei Realschulen in Geretsried, Wolfratshausen und Bad Tölz jeweils eine halbe Stelle für die Schulsozialarbeit eingerichtet. Damit sei auch die Wolfratshauser Projektstelle gesichert, "die als Vorreiter zu dieser sehr erfreulichen Entscheidung einen wesentlichen Beitrag geleistet" habe. Im Rahmen des Projekts wurde Schülern der achten Jahrgangsstufe die Gelegenheit geboten, in verschiedenen Wolfratshauser Sozialeinrichtungen Erfahrungen mit Kindern und Senioren zu sammeln. Zu dem Projekt zählt auch das Kooperationsangebot "Lernen lernen", das Schüler unterstützt, die durch Misserfolge demotiviert sind. Weitere Angebote sind ein Streitschlichter-Seminar und soziale Gruppenstunden zur Förderung von Klassengemeinschaften.

Wachsender Bekanntheit erfreut sich das Projekt Familienpatenschaften. Ehrenamtliche Kräfte helfen hier Familien und Alleinerziehenden in schwierigen Situationen, beispielsweise im Krankheitsfall, bei Erziehungsfragen oder typischen Migrationsproblemen - sozialpädagogisch formuliert läuft dies unter der Bezeichnung "niedrigschwelliges und primärpräventives Unterstützungsangebot". Zu diesem Zweck wurde Anfang 2014 eine Fachkraft als Koordinatorin eingestellt, zunächst befristet bis 31. Januar 2014. Im Herbst 2015 beschloss der Kulturausschuss dann aber, die Stelle mit zehn Wochenstunden unbefristet fortzuführen, "Netzwerkpartner" des Jugendfördervereins sind unter anderem die Diakonie Oberland, das Inselhaus und die Vereinigung "Bürger für Bürger". Um die ehrenamtlichen Helfer zu qualifizieren, fand im vergangenen Jahr unter Federführung der Kreisbehörde landkreisweit eine Schulung statt, der sich 16 Frauen und sechs Männer unterzogen.

Dass somit 22 Personen bereit waren zu der ehrenamtlichen Aufgabe, ist dem Bericht zufolge bemerkenswert. Denn an bayernweit 51 Standorten, an denen diese Form der Familienbetreuung etabliert ist, standen durchschnittlich nur 7,6 Personen als Paten oder Patin zur Verfügung. Unterstützt wurden im vergangenen Jahr 25 Familien, darunter 15 deutschstämmige und zehn mit Migrationshintergrund. 15 Patenschaften konnten erfolgreich abgeschlossen werden, Ende des vergangenen Jahres gab es bereits wieder acht weitere Anfragen von Familien. Mehrmals im Jahr werden Treffen angeboten, bei denen sich die Paten austauschen und fortbilden können. Dazu zählen auch die Themen "Umgang mit Behörden" und "Computerbasiertes Deutsch-Lernen". Die Paten seien "mit Herz und sehr viel Freude" bei ihren Familien, alle seien bereit, nach ihrem ersten Einsatz ihre Arbeit fortzuführen.

Zu den Aufgaben, die sich der Jugendförderverein in nächster Zeit stellen will, zählt nach Meixners Worten die Förderung der Zielgruppe der Zehnjährigen. Hier bemühe man sich, mit einem strukturierten Angebot die Hemmschwelle zu senken. Angetan vom Bericht des Fördervereins zeigte sich insbesondere SPD-Stadträtin Roswitha Beyer. Man könne mit Blick auf die Leerstände in der Marktstraße nicht immer nur von Stillstandshausen reden. Die Lebensqualität einer Stadt hänge doch in erster Linie von den sozialen Leistungen und Angeboten ab. Und da habe Wolfratshausen eine Menge zu bieten.

© SZ vom 06.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: