Glücksfall:Entwicklungspotenzial

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Das Kraftareal am Wolfratshauser Bahnhof. (Foto: Hartmut Pöstges)

Das Kraft-Areal am Wolfratshauser Bahnhof soll als Einkaufszentrum auch Impulse für die Altstadt setzen. Am Dienstag befasst sich erneut der Stadtrat mit der 10 000 Quadratmeter großen Fläche

Von Konstantin Kaip, Wolfratshausen

Das Kraft-Areal am Wolfratshauser Bahnhof ist die letzte große Fläche in der Innenstadt, die für Nahversorgung und Handel entwickelt werden kann. Dass der Eigentümer der etwa 10 000 Quadratmeter großen Fläche ein Einkaufszentrum mit Vollsortimenter, Discounter und Elektromarkt errichten will, hält man in der Stadt daher für einen Glücksfall, eine große Chance, die sich auch der Stadtrat nicht entgehen lassen will. Deshalb hat das Gremium beschlossen, einen Bebauungsplan für das Gelände aufzustellen: Höchstens 6500 Quadratmeter Verkaufsfläche sollen dort entstehen, die genau definierten Branchen vorbehalten werden soll. Ein großer Supermarkt, ein Discounter, ein Sportgeschäft und ein möglichst geräumiger Elektromarkt sowie ein Bäcker und ein Textilgeschäft sollen sich gegenseitig die Kunden zutreiben und die Lücken in der Wolfratshauser Nahversorgung schließen. Der nördliche Teil ist Wohnungen vorbehalten, die zum Teil mit Förderung vermietet werden sollen.

Soweit der Grundsatzbeschluss. Der liegt nun fast genau zwei Jahre zurück. Dass es mit dem Bebauungsplan seitdem nicht weitergegangen ist, liegt am Verkehr. Der gilt als entscheidendes Kriterium des ganzen Projekts an der sensiblen Sauerlacher Straße mit ihrem Bahnübergang. Die Stadt hatte ein unabhängiges Verkehrsgutachten in Auftrag gegeben, das die Verträglichkeit prüfen sollte. "Mit diesem Gutachten steht und fällt alles", sagte Bürgermeister Klaus Heilinglechner im Januar 2015. Vorgabe war, die Auswirkungen nicht nur auf die Sauerlacher und Schießstättstraße, sondern auch auf den Moosbauerweg und den Wasen zu prüfen. "Das ganze magische Dreieck", wie Bauamtsleiter Dieter Lejko sagt, sei mit Simulationen untersucht worden. Am Dienstag berät der Stadtrat in einer Sondersitzung öffentlich über das Gutachten.

Es dürfte eine lange, interessante Debatte werden. Auch für Harald Mosler, der ihr als Zuschauer beiwohnen will. Der Rechtsanwalt vertritt die Kraft-Stiftung, der das Areal gehört - wie auch die Kraft Baustoffe GmbH, formaler Träger des Projekts und Betreiber der Baustoffhandlung auf dem Gelände. Mosler hatte die Idee für das Einkaufszentrum, "im Herzen Wolfratshausens", wie er sagt. Es werde die Attraktivität des Standortes erhöhen und als "Frequenzbringer" positive Effekte auf die Geschäfte in der Altstadt haben, ist er überzeugt. Mosler beruft sich auf eine Studie der Beratungsfirma Cima, die zu einem ähnlichen Schluss kommt. Seine Familie besitzt mehrere Häuser im Wolfratshauser Markt, er will auch das ehemalige Isar-Kaufhaus beleben. An möglichen Mietern mangelt es laut Mosler nicht. "Eigentlich alle Betreiber von Vollsortimentern haben ihr Interesse bekundet", sagt er. "Die Leute wollen da rein." Das gelte auch für die Discounter. So habe etwa Aldi, der ja schon eine Filiale in Wolfratshausen betreibt, "Mega-Interesse" an dem Standort. Auch mit Elektromärkten seien schon Gespräche geführt worden. Dass die Möbelkette XXXLutz einen solchen auf dem ehemaligen Mahler-Gelände nun definitiv ausschließt, dürfte die Verhandlungen erleichtern. Er habe keine Bedenken, dass sich das Einkaufszentrum wirtschaftlich betreiben lasse, sagt Mosler. Dazu gehöre eben auch eine ordentliche Erschließung. "Es nutzt doch keinem Betreiber etwas, wenn die Kunden wegen der schwierigen Verkehrslage wegbleiben."

Deshalb haben die Projektentwickler bereits vor zwei Jahren ein Gutachten erstellen lassen, laut Mosler von einem "deutschlandweit anerkannten Verkehrsplaner". Der habe nachgewiesen, dass die Erschließung funktioniere - auch weil bei dem zentralen, attraktiven Standort erfahrungsgemäß ein Drittel des Umsatzes mit dem Fahrrad transportiert werde. Dass die Stadt die "Kernfrage" der Verkehrssituation mit einem eigenen Gutachten prüfe, sei aber "sehr gut nachvollziehbar", sagt Mosler, fügt jedoch hinzu, dass der Beschluss "schon ein ganzes Weilchen her" sei.

Vor zwei Jahren hatte der Rechtsanwalt gesagt, die Kraft-Stiftung wolle etwa 20 Millionen Euro in das Projekt investieren. Nun hält er sich mit Aussagen zu den Kosten zurück, ebenso mit Einzelheiten zur Belegung der geplanten Immobile. Dafür sei es noch zu früh. Man wisse ja noch nicht, wie der Baukörper aussehen werde, welche Ladenflächen sich ergäben.

Eine Schlüsselrolle spielen die erforderlichen Parkplätze. Die allgemeine Stellplatzsatzung der Stadt sieht für Einkaufszentren und Verbrauchermärkte einen Parkplatz pro zehn Quadratmeter Verkaufsfläche vor. "Dann müssten wir ungefähr 600 Stellplätze hinstellen, das wäre nicht möglich", sagt Mosler. Bauamtsleiter Lejko verweist auf den Stadtrat: Der müsse entscheiden, wie das im Bebauungsplan letztlich gehandhabt werden solle.

Das Gremium hatte das geplante Einkaufszentrum auf dem Kraft-Areal vor zwei Jahren auch gegen eine Bahnschranke auf der Sauerlacher Straße bei der S-Bahn-Verlängerung nach Geretsried ins Feld geführt. Dass man sich inzwischen auf einen Gleistunnel geeinigt hat, gibt dem Projekt Rückenwind. Sollte der Stadtrat dafür stimmen, könnte der Bebauungsplan laut Lejko noch heuer aufgestellt werden. Die Entwickler wollen sich Mosler zufolge mit der Bahn ins Benehmen setzen, um den neuen Park-and-Ride-Parkplatz gemeinsam zu planen.

Die öffentliche Sondersitzung des Wolfratshauser Stadtrats findet am Dienstag, 17. Januar, im Sitzungssaal des Rathauses statt. Beginn: 18 Uhr.

© SZ vom 16.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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