Wolfratshausen: Durchsuchung:Ermittlungen wegen Kriegsverbrechen

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Kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs soll er zehn russische Gefangene getötet haben. Heute lebt der Mann in Wolfratshausen. Die Staatsanwaltschaft hat nun seine Wohnung durchsucht.

A. Ramelsberger

Die Staatsanwaltschaft Dortmund hat am Mittwochmorgen die Wohnung eines 89 Jahre alten Rentners in Wolfratshausen durchsucht, der beschuldigt wird, kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs mindestens zehn russische Kriegsgefangene erschossen zu haben. Zu Kriegszeiten habe der Verdächtige zur Fallschirm-Panzer-Division von Hermann Göring gehört, erklärte Andreas Brendel, der Leiter der Zentralstelle für die Bearbeitung nationalsozialistischer Massendelikte in Dortmund.

Panoramabild vom Sebastianisteg: Ein 89 Jahre alter Mann aus Wolfratshausen wird beschuldigt, kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs russische Kriegsgefangene erschossen zu haben. (Foto: Hartmut Pöstges)

Brendel sagte der Süddeutschen Zeitung, die Staatsanwaltschaft sei durch Ermittlungen wegen anderer Kriegsverbrechen in Italien auf den Mann gekommen. Ein anderes Mitglied der Division Göring habe von weiteren Kriegsverbrechen in Polen berichtet und die Tat und den Namen des nun Beschuldigten konkret genannt. Der 89-Jährige aus Wolfratshausen soll nach Angaben von Ermittlern damals Kompanieführer gewesen sein.

Brendel sagte, der Mann sei von der Durchsuchung geschockt gewesen und habe den Vorwurf, Kriegsgefangene getötet zu haben, von sich gewiesen. Er habe sich der Staatsanwaltschaft gegenüber kaum eingelassen. Festgenommen wurde der Verdächtige nicht, dafür gebe es keine Gründe. Der Mann lebe in normalen Familienverhältnissen, es bestehe weder Verdunkelungs- noch Fluchtgefahr.

Der Wolfratshausener wird verdächtigt, die Leichen der russischen Kriegsgefangenen nach ihrer Erschießung mit Benzin übergossen und verbrannt zu haben, erklärte der Staatsanwalt. Die Morde sollen sich 1945 in der polnischen Kreisstadt Pabianice ereignet haben, die in der Nähe von Lodz liegt. Die Aussage gegen den Mann ist erst vor kurzem bei der Staatsanwaltschaft gemacht worden. Nun wird nach weiteren Zeugen gesucht, die die Aussagen bestätigen könnten.

Ermittler der Landeskriminalämter Bayern und Nordrhein-Westfalen durchsuchten am Mittwoch die Wohnung des Mannes. Sie beschlagnahmten nach Angaben der Staatsanwaltschaft Dokumente und Bilder, die nun ausgewertet würden. Das werde allerdings einige Zeit brauchen. Die Dortmunder Beamten halten das Verfahren momentan noch in der Hand. Sollte sich der Verdacht gegen den 89-Jährigen erhärten, könnte das Verfahren bald an die Münchner Staatsanwaltschaft weitergereicht werden, hieß es.

© SZ vom 07.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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