Wolfratshausen:Dreiklang aus Licht und Farbe

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Michael Eckle ergründet weiter das Blau; Ruth Kohler geht voller Energie in die Farben rein (Rückwand). (Foto: Hartmut Pöstges)

Michael Eckle hat zwei Künstlerkolleginnen in sein Atelier eingeladen. Ruth Kohler malt energetisch wie eh und je, Gabriele Hüttl fotografiert mit der Lochkamera

Von Barbara Doll, Wolfratshausen

Licht, Farbe, mitreißende Kunstbegeisterung. Das alles würde man nicht erwarten, wenn man abends in den Hans-Urmiller-Ring einbiegt - wenn es kalt ist, dunkel und auch ein bisschen trostlos. Umso schöner, hier einen Maler anzutreffen, der stolz und strahlend durch sein neues Atelier führt. Im Oktober hat Michael Eckle sein "Oltremare" mit einer Ausstellung eröffnet; vor der nächsten Vernissage am kommenden Samstag wurde der Boden neu gemacht, und die Wände sind nun höher, sodass Eckle hier auch an großformatigen Leinwänden arbeiten kann.

Der Boden glänzt nagelneu, ist aber mit Bildern zugepflastert - vor der Eröffnung müssen sie alle noch gerahmt werden. Dabei helfen dem Maler drei ebenfalls strahlende junge Menschen, seine "Super-Schüler" von der Montessori-Schule in Biberkor, wo er Kunst unterrichtet. An einem Tischchen hantieren sie mit Wasserwaage, Rahmen und Schneidewerkzeug.

Für die neue Ausstellung hat sich Eckle mit der in Münsing lebenden Malerin Ruth Kohler und der Wolfratshauser Fotografin Gabriele Hüttl zusammengetan. Mit Kohler hat Eckle schon vor 35 Jahren einmal im Münchner Innenstadt-Klinikum ausgestellt. Die inzwischen 87-Jährige ist für ihn die "Grande Dame" der abstrakten Malerei, er liebt "die Energie, mit der sie in die Farbe reingeht". Eine großformatige Arbeit auf Leinwand hat ihn so fasziniert, dass er sie unbedingt in der Ausstellung zeigen wollte: Farbschichten von kräftigem Rosa, Rot, Orange, Gelb, impulsiv mit breitem Pinselstrich auf die Leinwand aufgetragen. So wirkt es auf den ersten Blick. Doch das täuscht: "Es ist sehr überlegt gemacht", sagt Eckle, "die Farben sind bewusst überlagert und geschichtet."

Daneben hängt ein Ausschnitt aus einer Serie Kohlers, kleinere Arbeiten auf Papier. Hier schmiegen sich die Farbschichten stärker aneinander, Blütenformen scheinen hervorzutreten. Stiefmütterchen? "Ich seh' da Veilchen", meint eine Schülerin von Eckle. Der schüttelt den Kopf - mit solchen konkreten Natur-Assoziationen tue man der Malerin unrecht. Es gehe um Farbe und Anordnung.

Diese neuen Bilder von Ruth Kohler sind zum ersten Mal im Rahmen einer Ausstellung zu sehen, genauso wie die Werke von Michael Eckle. Mit der Auswahl will er "seinen Weg zum Blau" zeigen. Seit 1987 malt er ausschließlich blaue Bilder: Mal reibt er pures Pigment in die Leinwand ein, mal trägt er an die 20 transparente Schichten übereinander auf. "Ich will das Geheimnis dieser Farbe erforschen."

Bis 1977 malte Eckle fotorealistische Bilder - dann kam ein Bruch, und er nahm erst einmal nur noch Erde in die Hand. Es entstanden grobe, düstere Erd-Landschaften auf Jute, und irgendwann kam darin das Ultramarinblau vor. "Dann wurde die Erde immer weniger und das Blau immer mehr." Er zögert etwas - und erzählt dann, dass er mit elf Jahren einmal klinisch tot war. Natürlich habe er keine Erinnerung daran, aber vielleicht hätten seine Körperzellen damals etwas abgespeichert, das die magische Sogwirkung der Farbe Blau begründet. Blau, sagt Eckle, sei ja die Farbe des Geistigen, Immateriellen.

Auf seinem Weg zur Monochromie liegen auch skripturale Werke, etwa die kleinformatigen Arbeiten auf Papier von 1980: Mit der Rasierklinge hat er Zeichen, Formen, Spuren aus einem Hintergrund von Kohle und Kreide herausgekratzt. Schrift-Bilder.

Gabriele Hüttl hat für die Ausstellung Fotografien ausgesucht, die mit den abstrakten Bildern von Kohler und Eckle zusammenspielen. Neben ihren schwarz-weißen Lochkamera-Bildern zählt dazu ihre große farbige Wasser-Serie. Eines der Bilder zeigt eine unwirklich erscheinende gelb-blaue Wasserspiegelung, eine Gewitterstimmung im Hafen von Melbourne. Hüttl erklärt, wie solche Bilder entstehen: "Es liegt am Winkel, in dem man aufs Wasser fotografiert." Einen Reiz der Ausstellung sieht Hüttl im Zusammenhang von Natur, Fotografie und Malerei. Für sie als Fotografin gelte: "Die Natur macht Bilder, man muss sie nur sehen." Und für die Malerei gelte: "Auch in abstrakte Bilder können unbewusst Eindrücke aus der Natur einfließen." Vielleicht sind die Stiefmütterchen und Veilchen also doch nicht so weit hergeholt.

Atelier Oltremare: "Schauen - sammeln - schenken", Samstag, 3. Dezember, 14 bis 18 Uhr, Sonntag, 4. Dezember, 11 bis 18 Uhr, Samstag/Sonntag, 10./11. Dezember, 11 bis 18 Uhr; Hans-Urmiller-Ring 23, Wolfratshausen

© SZ vom 01.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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