Wolfratshausen:Die Montage hängt in der Luft

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Fachleute versuchen, die Fuß- und Radwegbrücke über die Loisach zu spannen und scheitern daran, dass die Segmente nicht passgenau sind. An diesem Mittwoch erfolgt der nächste Versuch.

Von Matthias Köpf

Robert Buxbaum steht neben dem riesigen gelben Kranlaster am Ufer, zieht unter seinen blonden Brauen die Augen zusammen und schaut auf die Loisach hinaus. Die Fältchen in den Augenwinkeln sind seinen mittlerweile 37 Jahren geschuldet und waren wohl noch nicht so tief, als er vor zwölf Jahren seine Diplomarbeit als Ingenieur an der Münchner Fachhochschule eingereicht hat. Doch die Sorgenfalten, die sich gerade auf seiner Stirn abzeichnen, haben noch mit dieser Diplomarbeit zu tun: Denn an diesem Tag soll die Fuß- und Radwegbrücke, die Buxbaum damals entworfen hat, wirklich über die Loisach gespannt werden. Und jetzt hängt die ganze Montage buchstäblich in der Luft.

Ein Stück Brücke ragte schon über die Loisach, dann passten die Tragseile nicht in ihre Halterungen. (Foto: Hartmut Pöstges)

Denn eines der drei Segmente sitzt schon in den Aussparungen am Widerlager, wo seit zwei Stunden auch der 15 Meter hohe Pylon verankert und an dem Betonblock abgespannt ist, der auf acht schräg in den Untergrund getriebenen Pfeilern sitzt. Noch wird das Brückenteil vom Kran in der Schwebe gehalten, während am anderen Ende mitten über dem Fluss Manfred Bauer und seine Leute versuchen, die schwere Stahltrosse zu befestigen und das 14 Meter lange Bauteil damit am Pylon festzuhängen. Sie zerren und klopfen mit einem großen Gummihammer, aber die Gabel am Seilende passt nicht auf ihr Gegenstück am Brückensegment. Bauer macht Buxbaum ein Handzeichen, der eilt hinzu. Dann klettern die Männer von der schwebenden Brücke und falten Pläne auseinander. Robert Buxbaum ist auch Kommandant der Weidacher Feuerwehr und das Entscheiden in schwierigen Situationen gewohnt. Er tippt in den Taschenrechner und greift zum Handy, während die Arbeiter ihre Meterstäbe an den Metallteilen anlegen und in schwäbischem Zungenschlag vor sich hin fluchen.

Das Holzbauunternehmen Schaffitzel, für das Manfred Bauer und seine drei Kollegen arbeiten, hat seinen Sitz in Schwäbisch Hall. Es hat die drei Brückensegmente aus verleimten Fichtenholz mit der Lärchen-Verschalung und dem schwarzen Metallgeländer dort vormoniert und bis ein Uhr früh über die Autobahn nach Wolfratshausen gebracht. Seit halb sieben Uhr haben die beiden Kranlaster die Teile auf die Wiese am Loisachufer gehoben und dann den Pylon aufgerichtet. Die zwischen fünf und sechseinhalb Zentimeter starken Tragseile kommen dagegen von einer Spezialfirma aus Memmingen, die übrigen Stahlbauteile aus München. Trotzdem sollten sie eigentlich zusammenpassen. Aber auf seinem Papier ist das manchmal einfacher als in der Praxis, sagt Robert Buxbaum.

Konstrukteur Robert Buxbaum und Bauleiter Manfred Bauer verschieben die Montage auf Mittwoch. (Foto: Hartmut Pöstges)

Auf der Loisach dümpelt ein Ponton der Feuerwehr mit einem darauf verzurrten Baugerüst, von dem aus die Brückenteile verschraubt werden sollten. Doch der Ponton wird an diesem Tag wohl nicht mehr gebraucht. Nach einer langen Phase des Messens, Rechnens, Fluchens, Telefonierens und In-Semmeln-Beißens fällt am frühen Nachmittag die Entscheidung: Der Kran hievt das am Vormittag so mühsam und millimetergenau ins Widerlager eingepasste Brückensegment wieder ans Ufer, der metallene Querträger wird abgeschraubt und kurzfristig nach Geretsried zum Stahlbau-Unternehmen Lehmann gebracht. Dort soll das Verbindungsstück etwas dünner zurechtgesägt werden, damit es in die Gabel an der Stahltrosse passt.

Damit ist klar, dass der Zeitplan nicht mehr zu halten sein wird. Vielleicht wird der Querträger rechtzeitig da sein, damit wenigstens ein Segment bis zum Abend doch noch am Pylon hängt. Die beiden anderen aber werden erst am Mittwochvormittag drankommen, heißt es auf der Baustelle. Die zwei Dutzend Neugierigen, die sich am Vormittag versammelt hatten, haben sich ohnehin längst verzogen. Eine Stunde später dann die Nachricht aus Geretsried: Heute wird es nichts mehr, einpacken bis Mittwochfrüh. Dem Ingenieur Robert Buxbaum, dem nach der diffizilen Montage des Pylons eigentlich schon ein großer Stein vom Herzen gefallen war, steht eine weitere unruhige Nacht bevor.

© SZ vom 31.07.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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