Wolfratshausen:Die alten Rittersleut'

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Der Erlebnispfad zur Wolfratshauser Burg nimmt Gestalt an: Die Initiatoren erwarten mehr als 10 000 Besucher im Jahr und wollen die Wege selbst anlegen. Die Mauern sollen in einer Computer-Simulation rekonstruiert werden

Von Konstantin Kaip, Wolfratshausen

Der Burgerlebnispfad, den der Burgverein Wolfratshausen im Bergwald realisieren möchte, wird immer konkreter. Für das Projekt, das je zur Hälfte von der Stadt und von einem Förderprogramm der EU finanziert werden soll, hatte der Stadtrat im Juli eine Beteiligung in Aussicht gestellt - dem Verein jedoch zehn rechtliche und finanzielle Fragen vorgelegt, die geklärt werden sollten. Das ist nun weitgehend geschehen.

Ernst Gröbmair und Henning von Kielpinski haben dem Kulturausschuss ein umfangreiches Papier präsentiert: Insbesondere konnten die Initiatoren die Gesamtkosten für den Burgpfad von zirka 300 000 auf rund 211 000 Euro senken. Damit verringert sich der städtische Zuschuss von 150 000 auf knapp 100 000 Euro. Weil der Verein die schriftlichen Antworten aber erst im Ausschuss vorlegte, wurde die Entscheidung auf die Stadtratssitzung am Dienstag vertagt.

Wie Gröbmair sagte, hat der Verein die zehn Punkte sehr intensiv bearbeitet. Besondere Mühe habe man sich gegeben, die von vielen als horrend erachteten Kosten zu reduzieren. Das sei gelungen, sagte Gröbmair, mittlerweile zweiter Vorsitzender der Projektgruppe zum Burgpfad. Man habe sich nämlich entschieden, die Wegstücke, die zusätzlich geschaffen werden müssen, selbst zu errichten. Im Vorfeld hätten Spezialfirmen hohe Summen dafür veranschlagt. Schließlich aber habe man Gespräche mit Spezialisten für Bergwegebau beim Alpenverein geführt. Man habe das Gelände im Detail vermessen, um zu sehen, wo Stufen erforderlich sind und wo nicht. "Wir haben beschlossen, das machen wir selber", sagte Gröbmair. Die Kosten für die Wege reduzierten sich somit auf das Material - in Höhe von etwa 300 Euro. 1416 Arbeitsstunden werde der Verein an Eigenleistung in den Burgpfad stecken, rechneten Gröbmair und Kielpinski vor. Neben dem Wegebau werde man sich auch um Unterhalt, Infotafeln, Technik und wissenschaftliche Untersuchung kümmern.

Für das gesamte Projekt kommen sie so auf noch zirka 211 000 Euro Gesamtkosten. 88 000 Euro sollen die Bauwerke kosten - zwei Brücken und eine Palisade auf dem Wiesenplateau. Für die virtuelle Rekonstruktion der Burg, die 1743 den Flammen zum Opfer fiel, werden gut 60 000 Euro veranschlagt. Die computerrealistische, dreidimensionale Darstellung des Wittelsbacher Schlosses sollen sich Besucher über Wlan und GPS am ehemaligen Standort auf ihr Smartphone oder Tablet laden können. Die Sanierung der zwei Fahrwege, die ebenfalls genutzt werden sollen, soll etwa 23 000 Euro kosten, Planung und Statik knapp 18 000 Euro. Ebenso hoch sind die Kosten für Marketing, Publikationen und Öffentlichkeitsarbeit. Eine entsprechende Strategie, Präsenz und eine ausführliche Website seien Kriterien für das EU-Förderprogramm "Leader", erklärte Gröbmair.

Die EU soll das Projekt wie die Stadt mit etwa 100 000 Euro finanzieren, weitere 10 000 Euro werde das Landesamt für Denkmalpflege beisteuern, das sich vor allem wissenschaftlich an dem Projekt beteilige. Außerdem will der Verein 5000 Euro an Spenden akquirieren.

Wie Gröbmair im Ausschuss sagte, habe der Verein die Fragen "zu 90 Prozent" beantworten können. So seien die beiden privaten Grundstückseigentümer, der Besitzer der Wiese und der Eigentümer des ehemaligen Burg-Standorts, in die Planungen involviert und "positiv gestimmt". Die Verträge seien ausgearbeitet und besprochen, aber noch nicht unterschrieben. "Wir stehen kurz vor einer schriftlichen Vereinbarung." Für die beiden Brücken brauche es eine Baugenehmigung des Landratsamtes. Das Baurecht könne erst bei Antragsstellung geklärt werden. Die Untere Naturschutzbehörde habe nach einer Ortsbegehung eine positive Stellungnahme abgegeben. Weil keine Bodeneingriffe vorgesehen seien, habe auch die Denkmalschutzbehörde keine Bedenken.

Da der Burg-Pfad den bestehenden Bergwaldlehrpfad ergänzen soll, hatte der Stadtrat auch nach übertragbaren Erkenntnissen des bereits existierenden Leader-Projekts gefragt. Dafür hat der Burgverein mit einer Messvorrichtung die Besucher im Bergwald erfasst. 34 Leute kommen demnach im Durchschnitt pro Tag - hochgerechnet seien das 12 300 Besucher im Jahr, sagte Kielpinski. Es sei davon auszugehen, dass mit dem Burg-Erlebnispfad als "kulturelle Ergänzung" noch mehr Besucher nach Wolfratshausen kämen.

Das sahen die Stadträte im Ausschuss ähnlich. Der Burgpfad werde Wolfratshausen für Touristen und Einheimische attraktiver machen, war der einhellige Konsens im Gremium. Die Abstimmung über den Zuschuss wurde auf Antrag von Peter Plößl (CSU) dennoch einstimmig vertagt. Nun soll der Stadtrat am Dienstag ohne vorherige Empfehlung darüber beschließen. Das umfangreiche Schriftstück des Burgvereins sollen alle Stadträte vorab erhalten.

© SZ vom 15.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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