Wolfratshausen:Diatonischer Glücksgriff

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Das neue "Format" in der Loisachhalle bietet einen äußerst vergnüglichen Sonntagvormittag

Von Wolfgang Schäl, Wolfratshausen

Was etwas dröge als "weiterer Unterhaltungspunkt" und als "neues Format" im Loisachhallenprogramm angekündigt war, hat sich am Sonntag als veritabler Glücksgriff erwiesen: Der "Kabarettistische Frühschoppen", den die Stadt jetzt regelmäßig einmal im Jahr anbieten will, hat in der gut besuchten Halle einen furiosen Start hingelegt.

Garanten für einen höchst vergnüglichen Vormittag waren die Waldramer Tanzlmusi, musikalisch auf ebenso hohem Niveau wie der Bairisch Diatonische Jodelwahnsinn, beide wiederum kongenial ergänzt durch den Kabarettisten Thomas Rottenbiller - ein bärbeißiger, mitunter ins Prollig-Derbe tendierender Endvierziger, der aus Forstern bei Erding kommt und mit seinem beachtlichen Gewölbe unterm grün schillernden Lodenwams und seinem beeindruckend kahlen Haupt an den Volksschauspieler Walter Sedlmayr erinnert. Er macht sich gestenreich über die "Mauersegler", vulgo Ossis, lustig, und tut dies in der Rolle des DJ "Rix", der bei einer Hochzeitsfeier seine besonderen Beobachtungen anstellt.

Rottenbiller nimmt kein Blatt vor den Mund, schont sich selbst nicht und beweist immer wieder neu, dass er nicht nur des bayerischen Idioms mächtig ist - die Imitation des Sächsischen kann ansonsten ja schnell peinlich werden. Der Kabarettist, mittlerweile längst mit einschlägigen Preisen dekoriert, glänzt auch als Mime - derartig grandios hat man noch nie jemanden lallen gehört, der nachweislich nicht betrunken ist. So bewegt er sich denn missmutig durch den Alltag ("I muaß meiner Seele Luft macha, bevor i speib") und beschreibt auf der Bühne ein Dasein als Ignorant unter Ignoranten: "Servus, i bin a Depp, und do bin i dahoam".

Zum Deppen macht er sich beim Psychotherapeuten, der bei der Sitzung einschläft, ebenso wie bei einer Verkehrskontrolle auf dem Heimweg von einer Veranstaltung, bei der er sich mit den Polizisten anlegt. Fazit: "Forstern ist zwar nicht der Arsch der Welt, aber von dort aus kann man ihn gut sehen."

Auf allerlei Späße verstehen sich auch die Bairisch Diatonischen, bestehend aus dem erfahrenen Bühnen-Kämpen Otto Göttler, dem nicht weniger virtuosen Josef Brustmann und, seit einem Jahr neu: Petra Amasreiter. Sie lässt Monika Drasch, die Frau mit der grünen Geige, vergessen, die nach der vorübergehenden Auflösung der Diatonischen im Jahr 2002 andere Wege beschritten hat. Amasreiter passt nicht nur gesanglich ideal, sie verleiht dem Trio mit ihrer wunderschön zart singenden Violine eine neue, anrührende musikalische Qualität. Dazwischen aber gibt es allerlei Klamauk. Wer hätte schon gewusst, dass es Sopran- und Bass-Plastiktüten gibt? Die Einkaufstaschen in verschiedener Größe wurden im Saal verteilt, und alsbald war das Publikum zur musikalischen Mitwirkung verurteilt.

Das volkstümlich Derbe ist bei alledem auch den Diatonischen nicht fremd, so etwa, wenn Brustmann sich anzüglich-zweideutig des Lebens in den bayerischen Bergen annimmt: "Auf der Alm lässt sich's gut lieben, denn im Herbst wird abgetrieben."

© SZ vom 21.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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