Wolfratshausen:Das Vergessen in Worte gefasst

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Gabi Strauhal und Dieter Käufer mit ihrer neuen Zeitschrift. (Foto: Hartmut Pöstges)

Heim will dem Thema Demenz mehr Öffentlichkeit verschaffen

Von Konstantin Kaip, Wolfratshausen

Publikationen sind für die Fachkräfte des Demenz-Zentrums der Arbeiterwohlfahrt in Wolfratshausen nichts Ungewöhnliches. Schließlich veröffentlichen sie regelmäßig Artikel in der Fachpresse in ganz Deutschland. Nun aber hat die Wolfratshauser Spezialeinrichtung eine eigene Publikation herausgebracht, die künftig regelmäßig erscheinen soll: "Das Heft zum Vergessen" richtet sich an Mitarbeiter, Angehörige und Fachleute im ganzen Landkreis. "Wir möchten das Thema Demenz weiter in die Öffentlichkeit bringen", sagte der Leiter des Demenz-Zentrums Dieter Käufer, als er die druckfrischen Hefte am Dienstag im Kreise seiner Mitarbeiter präsentierte.

Die Erstausgabe umfasst 16 Seiten, die von Heimleiter Käufer und Sozialdienstleiterin Gabi Strauhal gestaltet wurden. "Im ersten Heft stellen wir uns vor, wer wir sind und was wir machen", sagte Strauhal. An die Kollegen gerichtet ergänzte sie jedoch: "Es ist uns auch wichtig, ihnen eine Stimme zu geben." Im ersten Heft gehört sie Sonu Neupane, die Käufer interviewt hat. Die junge Nepalesin hat gerade ihre Ausbildung zur Altenpflegerin in der Einrichtung begonnen. Eine Stimme geben will das Heft auch den Bewohnern - es gibt eine Seite mit Zitaten zum Thema Frieden. Der sei eine Illusion, lautet das pessimistischste. Strauhal zitiert jedoch auch durchaus Poetisches: "Frieden ist golden und weich", hat eine Bewohnerin gesagt.

Nach einer kurzen Vorstellung des Demenz-Zentrums und seiner Arbeit widmet sich das Heft auf zwei Doppelseiten zwei Schwerpunkten: Zunächst geht es um die ethische Entscheidungskultur. Dass die Alltagsgestaltung im Sinne von Selbstbestimmung und Freiheit der dementen Bewohner oft eine Herausforderung ist, wird anhand von Fragen anschaulich, mit denen sich das 2016 gegründete Ethikkomitee befasst. Im zweiten Text geht es um das "circadiane Licht", das sich am Verlauf des natürlichen Tageslichts orientiert und so im ganzen Haus den Tagesablauf beeinflusst. Zudem gibt es ein kurzes Plädoyer für das Nichtstun, Informationen über Veranstaltungen sowie Buchtipps.

Käufer und Strauhal haben etwa ein halbes Jahr an der Erstausgabe gearbeitet, die zunächst in einer Auflage von 300 Stück gedruckt wurde. Das "Heft zum Vergessen" sollte bewusst keine übliche Hauszeitung werden, sondern auch Plattform für den gesamten nördlichen Landkreis, sagte Strauhal. "Wir stellen uns vor, dass es als Netzwerk und Forum dient." Man wende sich für die kommenden Ausgaben gezielt an Fachkollegen aus anderen Einrichtungen, sagte Käufer. Erste Rückläufe von Beiträgen gebe es bereits. Das Heft soll künftig regelmäßig erscheinen, die nächste Ausgabe ist für Herbst geplant. Auch sie soll sich Schwerpunkten widmen, ein Thema könne etwa Menschen mit Migrationshintergrund sein, sagte Käufer.

Das Heft gibt es kostenlos im Zentrum der Arbeiterwohlfahrt und bald auch bei der Stadt Wolfratshausen, im Landratsamt und in diversen Arztpraxen. In den kommenden Tagen soll es auch auf der Homepage des Demez-Zentrums unter www.sz-wolfratshausen.awo-obb.de abrufbar sein.

© SZ vom 15.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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