Wolfratshausen:Bürgermeister im Gegenwind

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Die jüngsten Schulterschlüsse von CSU, FDP und Grünen offenbaren ein angeschlagenes Vertrauensverhältnis zwischen dem Wolfratshauser Stadtrat und Klaus Heilinglechner. Die Fraktionen beteuern jedoch gute Absichten

Von Claudia Koestler, Wolfratshausen

Bis heute schlagen Inhalte, Prozedere und Nachwirkungen der jüngsten Wolfratshauser Stadtratssitzung hohe Wellen. Die Verwerfungen zwischen den Fraktionen und Bürgermeister Klaus Heilinglecher (BVW) treten deutlich zutage. Und das wiederum wirft bei Bürgern und Parteimitgliedern die Frage auf, ob die jüngsten Schulterschlüsse von CSU und SPD denn tatsächlich sachbezogen sind oder aber ein anderes Ziel verfolgen: Machtdemonstration oder gar den Versuch, das Ruder zu übernehmen.

Ihren Ursprung nehmen solche Fragen nicht nur in der Diskussion um die Einführung eines Stadtmanagers, sondern auch im Haushaltsplan sowie in jener "Streichliste", die SPD, CSU und Grüne kurz vor der Sitzung eingereicht hatten. Im Nachgang verteidigten die drei Fraktionen gemeinsam diese Liste, bei der auffallend viele Projekte auf dem Prüfstein lagen, für die sich zuvor der Bürgermeister persönlich eingesetzt hatte. Zusammen mit den Grünen erhoben SPD und CSU nach der Sitzung schwere Vorwürfe gegen Heilinglechner: er habe ihnen keine Möglichkeit gegeben, den Haushalt vorab ordentlich zu beraten. Das wiederum hatte den Rathauschef veranlasst, die Fraktionssprecher zu sich zu zitieren. Der Termin wurde zwar verschoben, nicht aber ohne die nächsten Verwerfungen: Für Günther Eibl (CSU) und Fritz Meixner (SPD) war der anberaumte Termin zu kurzfristig. Der Bürgermeister begründete indes die Verschiebung damit, dass sich die Fraktionssprecher vorbereiten müssten. Die Räte forderten Richtigstellung: "Die Aussage von Bürgermeister Heilinglechner klingt ja so, als ob wir uns erst noch eine gemeinsame Strategie zurechtlegen müssten", ärgerte sich Meixner und betonte: "Dem ist nicht so". Auch Eibl erklärte: "Wir haben schließlich alle einen Beruf und was zu tun".

Beispiele für solcherlei "er sagt, sie sagen" gibt es viele. Und alle werfen ein weiteres Licht darauf, dass das Verhältnis zwischen Bürgermeister und Stadträten belastet scheint. Fast schon traditionell: Denn wirklich entspannt war das Verhältnis selten, nachdem im vergangenen Jahr Heilinglechner bei den Räten gar hatte Abbitte leisten müssen. Er hatte ihnen einen absehbaren Anstieg der Sanierungskosten für den Untermarkt 10 zunächst vorenthalten, um das Projekt Bürgerladen nicht zu gefährden. Heilinglechner wiederum beklagte sich über in letzter Minute vorgelegte Anträge, mit denen unliebsame Entscheidungen verändert, verzögert und verhindert werden sollten. Alle Beteiligten versicherten zwar, dass nach der Entschuldigung des Bürgermeisters wieder die Grundlage für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit da sei. Die scheint nun aber erneut Risse bekommen zu haben. Wie zum Beleg wurde jüngst nicht nur die Sparliste kurz vor Beginn der Sitzung eingereicht, sondern auch der Beschluss zum Stadtmanager per Antrag zur Geschäftsordnung geändert.

Dass sich bei den jüngsten Auseinandersetzungen eine Konstellation von SPD, CSU und manchmal auch Grünen versus Heilinglechner wiederholt, ist nicht zu übersehen. Dass es sich dabei um eine "Anti-Bürgermeister-Phalanx" handeln könnte, weisen allerdings alle von sich. "Wir wollen dem Bürgermeister nicht am Zeug flicken", erklärte SPD-Stadträtin Roswitha Beyer. Auch Fritz Meixner, vor zwei Jahren selbst Kandidat für den Rathaussitz, wolle ihm "nix Böses", betonte Beyer. Er weise nur darauf hin, "was falsch gelaufen ist, und es ist eben einiges falsch gelaufen". Eine Anti-Heilinglechner-Koalition "verneine ich ganz vehement", erklärt Meixner. Stattdessen seien die jüngsten Querelen "ganz einfach erklärbar". Die Wahrnehmung in der Fraktion sei, dass "was besprochen ist, keinen Niederschlag in den Beschlussvorschlägen findet." Dagegen stemme man sich eben. Jüngstes Beispiel: der Stadtmanager. Wäre die Beschlussvorlage wie vorbesprochen zweiteilig ausgefallen, ob überhaupt ein Stadtmanager gewünscht wird und ob extern oder intern, wäre die Diskussion anders gelaufen, ist Meixner überzeugt.

"Ich sehe das Verhältnis zwischen Räten und Bürgermeister im Moment angespannt", sagt Annette Heinloth, Fraktionssprecherin der Grünen. Aus ihrer Sicht laufe vor allem in der Kommunikation nicht alles rund. "Es gibt Unstimmigkeiten zwischen den Zuständigkeiten." Der Rat bestehe - was Heinloth positiv sieht - aus vielen Individuen, die sich einbringen und mehr mitreden wollten. Das aber tangiere eben immer wieder auch die Hoheitsgebiete der Verwaltung. Als Chef des Stadtrates und der Verwaltung sitze Heilinglechner da oftmals zwischen den Stühlen. Und interpretiere als Angriff, was eigentlich als Hinweis an die Verwaltung zu verstehen sei.

Dass der Zusammenschluss der Fraktionen zum Ziel habe, Heilinglechner aus dem Amt zu drängen, verneint auch Manfred Menke (SPD): "Wir haben in der Fraktion eine solche Frage nicht gestellt." Die jüngste Stadtratssitzung habe aber gezeigt, dass Diskussionsbedarf herrsche, vor allem hinsichtlich der Frage, wie man in Zukunft zu Entscheidungen gelangen wolle. Meixners Fazit klingt ähnlich: "Die Kommunikation kann man immer verbessern, und muss es vor allem auch tun - generell und in Wolfratshausen." Damit stößt er ins selbe Horn wie Josef Praller, Fraktionssprecher der BVW: "Mehr miteinander reden statt übereinander", fordert er. Es gebe zwar Dissense, definitiv aber keinen Vertrauensbruch zwischen Rat und Rathauschef. "Ich gehe davon aus, dass jeder der Räte zum Wohle der Stadt agiert, und dass uns der große Konsens antreibt", sagt er. Ränkeschmiedereien seien völlig fehl am Platze, in Zukunft werden man angesichts der angespannten Haushaltslage und der Aufgaben "jeden Mann aus der Verwaltung und im Rat brauchen." Heilinglechner selbst war für seine Ansichten zum derzeitigen Vertrauensverhältnis nicht zuerreichen, Eine Chance zur Klärung haben jedoch alle an diesem Montag, wenn bei der Fraktionssprechersitzung das Gespräch nachgeholt wird.

© SZ vom 29.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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