Wolfratshausen:Auto der Nachbarn aus Rache angezündet

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31-Jährige wird wegen Brandstiftung zu 22 Monaten Gefängnis verurteilt. Mittäterin bekommt acht Monate Jugendstrafe

Von Benjamin Engel, Wolfratshausen

Ein Nachbarschaftsstreit ist in einer Novembernacht des Vorjahres im Südlandkreis buchstäblich entflammt: Eine heute 31-Jährige stritt sich schon längere Zeit mit ihrer Nachbarsfamilie in einem Mehrparteienhaus. Das Ehepaar zog in einen anderen Ort. Doch dann sollen die Söhne der Familie mit der Frau aneinandergeraten sein. Die 31-Jährige fuhr mit ihrer 21-jährigen Freundin zum neuen Wohnhaus der früheren Nachbarn. Die Frauen setzten deren davor geparktes Auto mit Grillanzündern in Brand - und entkommen unbemerkt. Erst nach Monaten belastet die jünger Frau die Ältere bei der Polizei. Schließlich gestehen beide die Tat. Wegen gemeinschaftlicher Brandstiftung wurde nun die 31-Jährige zu einer Haftstrafe und die Jüngere zu einer Jugendstrafe auf Bewährung verurteilt.

Im Namen der älteren Angeklagten räumte deren Verteidigerin den Tathergang ein. Demnach habe der Sohn der früheren Nachbarn den Sohn ihrer Mandantin beleidigt. Die Frau habe sich deswegen rächen wollen. Mit der Freundin habe sie verabredet, nachts zum Haus der früheren Nachbarn zu fahren. Dort legte die 31-Jährige mit Grillanzündern auf dem linken Vorder- und Hinterreifen des Autos Feuer. Währenddessen soll die jüngere Frau Schmiere gestanden haben. Am Auto entstand ein Totalschaden in Höhe von rund 16 000 Euro. Hätten vorbeifahrende Autofahrer das Feuer nicht bemerkt und Alarm geschlagen, hätte der Brand innerhalb von 30 Minuten auf das Haus übergreifen können, wie ein Gutachter erklärte.

Als Alibi fingierten die beiden Angeklagten einen Whatsapp-Chat, wonach sie in der Tatnacht gemeinsam in der Wohnung der Älteren gewesen seien. Wie der geschädigte Familienvater berichtete, seien seine Frau und seine beiden Kinder in psychologischer Behandlung gewesen. Das habe sich erst beruhigt, als sich der Vorfall schließlich aufgeklärt habe.

Dazu trug letztlich der Mann der jüngeren Angeklagten bei. Sie habe ihm berichtet, dass die 31-Jährige ihr erzählt habe, das Auto angezündet zu haben. Auf dessen Drängen ging sie schließlich zur Polizei und belastete die Ältere als Alleintäterin. Am Ende räumten jedoch beide Frauen ein, das Auto ihrer früheren Nachbarn angezündet zu haben.

Der Staatsanwalt plädierte dafür, die Ältere der beiden zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren zu verurteilen. Deren Verteidigerin beantragte eine um vier Monate niedrigere Bewährungsstrafe. Dagegen sah der Staatsanwalt die Jüngere in der Rolle einer Mitläuferin und forderte, gegen die Frau zwei Freizeitarreste auszusprechen. Dafür sprach sich auch deren Verteidiger aus, der nur eine Beihilfe zur Brandstiftung sehen wollte.

Richter Urs Wäckerlin folgte keinem der Plädoyers. Für ihn war klar, dass sich die beiden Frauen der gemeinschaftlichen Brandstiftung schuldig gemacht hatten. Er verurteilte die Ältere zu einer Haftstrafe von einem Jahr und zehn Monaten sowie die Jüngere zu einer Jugendstrafe von acht Monaten auf Bewährung. Außerdem solle die Jüngere 1200 Euro an die geschädigte Familie zahlen und für sechs Monate unter der Betreuung des Jugendamtes stehen.

In seiner Urteilsbegründung legte Wäckerlin dar, dass sich beide Frauen an der Nachbarsfamilie rächen wollten. Sie hätten die Tat gemeinsam geplant, arbeitsteilig ausgeführt und die übrigen Grillanzünder in der Loisach entsorgt.

Eine Rolle spielte auch, ob die Strafe der Älteren nicht zur Bewährung hätte ausgesetzt werden können. Das verneinte der Richter. Denn dazu reiche es nicht, zu erwarten, dass die Frau künftig nicht mehr straffällig werde. Es müssten noch besondere Umstände in der Tat und der Persönlichkeit der Angeklagten hinzukommen. "Die konnten wir nicht finden."

Zu wenig beachtet erschien Wäckerlin auch die Situation der geschädigten Familie. Deren Auto sei in Brand gesetzt worden. Monatelang hätte das Ehepaar und die Kinder nicht gewusst, wer dahinter steckte. Sie hätten in ständiger Sorge gelebt, ob es sich um einen Anschlag auf ihr Leben handelte. Die beiden Angeklagten hätten sich bei den Geschädigten nie gerührt, hätten keinerlei finanzielle Wiedergutmachung angeboten. Der Jüngeren könne er immerhin zugute halten, sich an die Polizei gewandt und damit die Aufklärung angestoßen zu haben.

© SZ vom 27.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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